Schlacht um Okinawa 1945 - «Ich denke oft: Warum wurde ich nicht getroffen?»
Der US-Veteran James Riffe überlebte vor 75 Jahren eine der brutalsten Pazifik-Schlachten des Zweiten Weltkriegs. Kurz danach setzten die USA erstmals die Atombombe ein.
«Ich hörte die Kugeln wenige Zentimeter an meinem Kopf vorbeizischen», erinnert sich James Riffe. «Der Soldat drei Meter vor mir, ein Späher, wurde getroffen und war sofort tot». Der 99-jährige Veteran ist für sein Alter bei erstaunlicher Gesundheit, erzählt lebendig und emotional.
Riffe war 23 Jahre jung, als er im April 1945 als Leutnant in die Schlacht von Okinawa beordert wurde. Die von Japan besetzte Insel sollte den US-Streitkräften als Sprungbrett für eine Invasion der japanischen Hauptinseln dienen. Das Ende des Kriegs schien nah, doch die Japaner wehrten sich mit aller Macht gegen die drohende Niederlage.
Okinawa: Grosse Verluste auf beiden Seiten
So entstand eine der blutigsten Schlachten im Pazifik. Auf amerikanischer Seite kamen je nach Quelle mehr als 12'000 Soldaten ums Leben, die Japaner verloren sogar rund 66'000. «Ich war wenige Zentimeter vom Tod entfernt. Bis heute denke ich oft: Warum wurde ich nicht getroffen?», sagt Riffe.
Derweil liefen im US-Bundesstaat New Mexico fieberhafte Vorbereitungen für einen vernichtenden Schlag gegen Japan. Unter der Führung des Physikers Robert Oppenheimer entwickelten Wissenschaftler in Los Alamos die erste Atombombe. Die USA hofften, Japan damit in die Knie zwingen zu können.
Das «Manhattan Project», wie das US-Atombombenprogramm genannt wurde, war streng geheim. «In der Gegend wurden falsche Gerüchte im Umlauf gesetzt», sagt Georgia Strickfaden, Expertin für das «Manhattan Project.» «Es hiess, es würden hier Scheibenwischer für U-Boote produziert. Oder es sei ein Heim für schwangere Frauen in der Armee.»
Die hohen Verluste auf den Pazifikinseln steigerten bei den USA die Ungeduld. Auch nach der Kapitulation von Nazideutschland im Mai 1945 gab Japan nicht auf. Im Gegenteil: Tausende Piloten opferten ihr Leben in selbstmörderischen Kamikaze-Angriffen gegen amerikanische Kriegsschiffe.
Hunderttausende Opfer in Hiroshima und Nagasaki
Entsprechend gross war der Druck auf die Wissenschaftler in New Mexico. Am 16. Juli führten sie den ersten Atombombentest durch, den sogenannten Trinity-Test.
Nur wenige Wochen später, am 6. August, flog der Bomber Enola Gay seinen vernichtenden Einsatz gegen Hiroshima. Drei Tage später folgte die zweite Bombe gegen Nagasaki.
Je nach Schätzung verloren zwischen 150'000 und 250'000 Menschen das Leben, viele andere erlitten schwere Krankheiten. Nun kapitulierte das schwer getroffene Japan.
Allerdings: Ob die Atombomben die Kapitulation wesentlich beschleunigten, ist unter Historikern umstritten. Japan hatte ab August mit der Sowjetunion einen zusätzlichen Feind. Gegen die Sowjets und die USA konnte das Land nicht bestehen.
Der Krieg hat mich gelehrt, den Wert des Lebens zu schätzen.
Nach amerikanischer Lesart war der Einsatz der Atomwaffen gerechtfertigt. Das sieht auch Veteran James Riffe so: «Präsident Truman wusste, wie viele Opfer wir in Okinawa erlitten hatten. Wenn wir schon 375 Meilen vor den japanischen Hauptinseln so viele Verluste haben – wie viele hätten wir dann erst bei einer Invasion ganz Japans zu beklagen?»
75 Jahre ist das alles her. Der Krieg habe ihn verändert, sagt Riffe. «Er hat mich gelehrt, den Wert des Lebens zu schätzen. Wir sollten alle versuchen, ein gutes Leben zu führen, und jenen die uns nahestehen, auch ein gutes Leben ermöglichen. Einfach ein guter Mensch, ein guter Bürger sein.»
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