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Schweizer Botschafter «Die WM ist für Katar eine Gratwanderung»

In Katar beginnt die wohl umstrittenste WM aller Zeiten. Jüngstes Beispiel: Erst vor kurzem schwenkte der Gastgeber auf ein Alkoholverbot rund um die Stadien um. Die Schweiz wird im kleinen Wüstenstaat durch Botschafter Edgar Dörig vertreten. Er erklärt im Interview, was Schweizer Fans vor Ort erwartet und wie sich die Botschaft auf das Turnier vorbereitet hat.

Edgar Dörig

Schweizer Botschafter in Katar

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Seit 2018 im Amt. Vor seinem Engagement in Katar war Dörig als Missionschef unter anderem in Chile und Japan aktiv.

SRF News: Ist Katar bereit für diese WM?

Edgar Dörig: Was die Infrastruktur angeht: sicher. Die Stadien, aber auch die ganze Organisation sind auf dem neuesten Stand. Eine Herausforderung wird es sein, mehrere hunderttausend Menschen in Doha aneinander vorbeizuschleusen. Aber man ist vorbereitet, diese Menschenströme zu kanalisieren.

Kurz vor der WM wurde entschieden, dass bei den Stadien doch kein Bier an die Fans verkauft wird. Ein sehr kurzfristiger Entscheid.

Es wird weiterhin Bier geben. Neben gewissen Fanzonen wird man auch in Hotels Alkohol konsumieren können. Das war schon immer so. Aber es ist klar: Szenen wie im Westen, mit trinkenden Fans in der Öffentlichkeit, wird es hier nicht geben.

Wie schätzen Sie diesen plötzlichen Meinungsumschwung ein?

Der Bier-Entscheid kam in der Tat sehr spät. Man wollte damit sicherlich auch konservativen Kreisen im eigenen Land entgegenkommen, und gleichzeitig der Welt zeigen: Wir haben hier unsere eigenen Regeln, und sind nicht bereit für eine komplette Öffnung.

Wir haben den Katarern klargemacht, dass wir erwarten, dass sie die grundlegenden Menschenrechte respektieren.

Katar ist ein sehr konservatives Land, das zudem noch nie einen solchen Grossanlass organisiert hat, mit sehr vielen westlichen Fans, die eine sehr klare Vorstellung haben, wie sie hier feiern wollen. Dementsprechend ist diese WM eine Gratwanderung für die katarische Regierung. Die Änderungen in den letzten Tagen und Wochen reflektieren das.

Aus Katar heisst es auf der einen Seite: Alle Besucherinnen und Besucher sind willkommen. Auf der anderen Seite gilt Homosexualität als verboten.

Auch dieses Thema ist für die herrschenden Kräfte eine Herausforderung. Katar versteht sich als offenes Land, aber man erwartet auch, dass auf die eigene Kultur Rücksicht genommen wird. Wir haben den Katarern immer klargemacht, dass wir erwarten, dass sie die grundlegenden Menschenrechte respektieren, und dass mit Augenmass vorgegangen wird.

Wie viele Fans aus der Schweiz erwarten Sie?

Insgesamt wurden laut Fifa über 10'000 Tickets in der Schweiz verkauft. Wir rechnen mit etwa 5000 Schweizer Fans. Das heisst für die drei Gruppenspiele je zwischen 1500 und 2000 Fans. In den jeweiligen Stadien mit einer Kapazität von rund 40'000 werden wir also rot-weisse Fans sehen; aber sie werden nicht die Mehrheit der Zuschauenden bilden.

Wie sorgt die Botschaft für die Sicherheit der Schweizer Besucherinnen und Besucher vor Ort?

Für die Sicherheit ist in erster Linie das Gastgeberland zuständig. Wir appellieren zudem auch an die Eigenverantwortung der Besucherinnen und Besucher. Seitens Botschaft sind wir aber gut vorbereitet, um Schweizerinnen und Schweizer bei Bedarf zu unterstützen. Unter anderem wird eine Delegation von Fedpol – bestehend aus sechs Polizistinnen und Polizisten aus den Kantonen/Städten sowie von Fedpol – vor Ort sein. Sie werden in den Stadien präsent sein und dabei eng mit den katarischen Behörden zusammenarbeiten. Damit wollen wir sicherstellen, dass wir die aktuellsten Informationen haben, aber auch, dass eine Betreuung der Schweizer Fans vor Ort möglich ist. Aus einer interkulturellen Perspektive ist es wichtig, in brenzligen Situationen mit eigenen Vertretern präsent zu sein.

Ausserdem haben wir das Team des konsularischen Schutzes für die Dauer der WM verstärkt. An dieses können sich Schweizer Fans richten, wenn sie ein Problem haben – zum Beispiel, wenn sie den Pass verloren haben oder, aus welchen Gründen auch immer, mit der Polizei zu tun haben.

Das Gespräch führten Anita Bünter und Jonas Bischoff.

Tagesschau, 19.11.22, 19:30 Uhr ; 

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