US-Präsident Donald Trump hat offensichtlich die Pharmabranche im Visier und erhöht den Druck. Am Dienstag hat er für deren Arzneimittel Zölle von bis zu 250 Prozent angedroht. Insbesondere der Schweiz wirft er vor, mit Medikamenten ein Vermögen zu machen. Wirtschaftsredaktorin Lucia Theiler erklärt das jüngste Powerplay.
Was bedeutet die neuste Entwicklung?
Für die Schweizer Pharmakonzerne bedeutet es einen Druck, dem sie sich nicht entziehen können. Die Roche-Tochter Genentech und Novartis wurden vom Präsidenten direkt angeschrieben, so wie insgesamt 17 grosse internationale Pharmafirmen. Trump fordert sie auf, in den USA die Preise senken und droht mit Vergeltungsmassnahmen. Stand heute sind das Zölle von nun 250 Prozent. Bis vor kurzem standen noch 200 Prozent im Raum.
Gibt es von der Pharmaindustrie Signale, bei einer Lösung mitzuhelfen?
Novartis und Roche werden diese Schreiben von Donald Trump prüfen, wie sie auf Anfrage schreiben. Es ist aber auch klar, dass sich die angeschriebenen Firmen irgendwie koordinieren müssen. Ein Alleingang einer einzelnen Firma ist kaum realistisch. Zugleich dürfen Firmen Preise ja aber auch nicht absprechen. Das macht eine Lösung nicht einfacher.
Warum sind die Medikamentenpreise in den USA derart massiv höher?
Das US-System ist ganz anders. In der Schweiz legt das Bundesamt für Gesundheit die Medikamentenpreise fest. Sie sind also staatlich reguliert. In den USA verhandeln Pharmafirmen direkt mit Krankenversicherungen und Apotheken. Sie übergeben diese Verhandlungen aber an Dritte, an sogenannte Pharmacy Benefit Manager. Diese handeln dann Preise aus und vor allem Rabatte. Weil sie trotz Rabatten auch verdienen wollen, setzen sie oftmals viel höhere Listenpreise. Es gibt Kritik, dass diese Zwischenhändler die Preise so nach oben treiben. Für tiefere Medikamentenpreise müsste also das ganze Gesundheitssystem reformiert werden.
Welche Folgen hätten Preisssenkungen?
Eine Auswertung der deutschen Consultig-Firma Porsche kommt zum Schluss, dass sich bei einer Halbierung der Preise in den USA auch die Gewinne halbieren würden. Dies gilt für die 20 grössten Pharmaunternehmen Europas. Roche verweist darauf, dass unter Preisdruck weniger Geld für Forschung und Entwicklung fliessen würde, aber auch weniger in die Produktion in den USA. Ein Bumerang also – mit Folgen für Patientinnen und Patienten weltweit. Ähnlich argumentiert Novartis. Die Branchenverbände kommen zum Schluss, dass sich die von Trump angeschriebenen Firmen wegen tieferer Preise nur noch auf grosse Länder konzentrieren würden, wo sie genug grosse Mengen verkaufen können. Die Schweiz mit einem halben Prozent Weltmarktanteil gehört nicht dazu.
Wie ist bei den vielen KMU in der Chemie- und Pharmabranche die Stimmung?
Die Stimmung bei den KMU ist wegen der Unsicherheit und Unberechenbarkeit sehr angespannt. Die Grossen haben schon nach den ersten Zolldrohungen vor Wochen angekündigt, in den USA zu investieren. Nun kommen trotzdem weitere Zolldrohungen und Forderungen. Und auch die ehemals genannten Zölle verändern sich plötzlich, wie heute Nachmittag. Das sind keine Signale für verlässliche Verhandlungen.