Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Schwierige Beziehungen Erste Gespräche zwischen Israel und Libanon seit Jahrzehnten

Es sind zaghafte Schritte, die Libanon und Israel aufeinander zugehen. Zum ersten Mal seit über vierzig Jahren haben sich zivile Vertreter aus dem Libanon und Israel getroffen, um über das Waffenstillstandsabkommen zu beraten. Ein symbolischer Akt, der aber auch mit grossen Risiken verbunden ist.

Libanon und Israel befinden sich offiziell im Kriegszustand. Keines der beiden Nachbarländer erkennt das andere völkerrechtlich an. Statt einer offiziellen Grenze trennt lediglich eine von der UNO gezogene Linie die Territorien.

Tiefe Gräben

Unweit dieser Linie trafen sich am Mittwoch, erstmals seit über vierzig Jahren, zivile Vertreter beider Staaten im Hauptquartier der UNO-Friedenstruppe Unifil. Bislang fanden Gespräche entweder indirekt oder ausschliesslich über militärische Delegationen statt.

Doch bereits die Frage nach dem Inhalt dieser bemerkenswerten Begegnung offenbart tiefe Gräben: Aus israelischer Sicht stand die künftige wirtschaftliche Zusammenarbeit im Zentrum der Diskussionen. Beirut dementiert: Wirtschaftliche Beziehungen könnten erst am Ende eines langen Verhandlungsprozesses stehen, erst müsse sich die israelische Armee vollständig aus dem Libanon zurückziehen.

Auch über ein Jahr nach dem Waffenstillstandsabkommen unterhält Israel weiterhin Stützpunkte auf libanesischem Gebiet und beschiesst regelmässig vermeintliche Hisbollah-Stellungen.

Mann.
Legende: Der libanesische Premier Nawaf Salam steht im Verhältnis zu Israel vor grossen Herausforderungen. Reuters/Mohamed Azakir

Die USA, die das Treffen vermittelten, sprechen ihrerseits von einem wichtigen Schritt hin zu einem dauerhaften Frieden. Doch weder Israel noch der Libanon nehmen in diesem Kontext das Wort Frieden in den Mund. Der libanesische Premierminister Nawaf Salam stellte ausdrücklich klar, dass diese Gespräche keinesfalls eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel bedeuten.

Libanons Regierung will Kontrolle zurückgewinnen

Wozu also das Ganze? Einerseits sind politische Bemühungen für einen längerfristigen Frieden Teil des Waffenstillstands­abkommens. Andererseits muss die libanesische Regierung zeigen, dass sie nun die souveräne Ansprechpartnerin ist und nicht länger die Hisbollah-Miliz.

Jahrelang war das Land ohne stabile politische Führung. Und die Hisbollah übte weitreichenden Einfluss in Staat und Gesellschaft aus. Die seit knapp einem Jahr amtierende Regierung unter Präsident Joseph Aoun ist bestrebt, die Kontrolle zurückzugewinnen und die Entwaffnung der Hisbollah im Süden des Landes voranzutreiben.

Gleichzeitig darf sie aber nicht zu sehr auf Israel zugehen, da dies in Hisbollah zugewandten Kreisen als Zeichen der Unterwerfung interpretiert werden könnte.

Beinahe unmöglicher Drahtseilakt

Die Hisbollah selber verurteilt jede Annäherung an Israel vehement. Angesichts der Verwüstung und der vielen Toten im Gazastreifen geniesst sie mit dieser Position weiterhin einen gewissen Rückhalt in der Bevölkerung.

Derzeit ist kein arabisches Land bereit, die Beziehungen mit Israel zu normalisieren. Würde die libanesische Regierung hier vorpreschen, könnte das der Hisbollah erneut in die Hände spielen.

Obwohl sich eine Mehrheit im Libanon nichts sehnlicher wünscht als Frieden, gestaltet sich jeder noch so zaghafte Schritt in diese Richtung als beinahe unmöglicher Drahtseilakt.

Echo der Zeit, 4.12.2025, 18 Uhr;liea

Meistgelesene Artikel