Seit Jahrzehnten wird in Österreich gestritten, was mit dem Geburtshaus von Adolf Hitler zu tun sei. 2016 verkündete der damalige Innenminister, es werde abgerissen. Dann wurde das Haus enteignet, um zu verhindern, dass es in falsche Hände fällt.
Kurz darauf wurde der Abrissentscheid wieder aufgehoben und der Umbau geplant, mit der Absicht, kognitiv beeinträchtigte Menschen einziehen zu lassen. Diesen Mai kam erneut eine Kehrtwende: Nicht Behinderte, sondern die Polizei soll einziehen.
Kommission: Verehrerkult muss gebrochen werden
Die interdisziplinäre Kommission, welche die Zukunft des Hitlerhauses diskutierte, beschloss: «Der Verehrerkult und die Mythologie rund um die Person Adolf Hitler durch Rechtsextreme – die dafür teilweise extra nach Braunau zum Hitler-Geburtshaus reisen – müssen nachhaltig gebrochen werden. Dieses Ziel erreiche man mit dem Einzug der Polizei am besten.
Wir sollten die Türen zu unserer Vergangenheit, vor allem zu unserer Tätervergangenheit, öffnen. Und darum muss dieses Haus geöffnet sein.
Doch der neue Dokumentarfilm «Wer hat Angst vor Braunau?» lässt Zweifel aufkommen. Regisseur Günter Schwaiger sagt: «Ohne die Polizei von heute mit jener im Nationalsozialismus zu vergleichen, ist es ein schlechtes Symbol. Wegen der Vergangenheit und der Verstrickung der Polizei in die nationalsozialistischen Verbrechen.»
Wie umgehen mit dem Gebäude?
Dazu komme, dass dadurch das Haus für die Bevölkerung geschlossen würde. «Genau das sollten wir nicht machen. Wir sollten die Türen zu unserer Vergangenheit, vor allem zu unserer Tätervergangenheit, öffnen. Und darum muss dieses Haus geöffnet sein.»
Schwaigers Film zeigt die Problematik des Hauses ohne erhobenen Zeigfinger. Er schildert, wie die Bevölkerung von Braunau seit Jahrzehnten ihren Umgang mit dem ungeliebten Hitler-Haus sucht.
Bereits die Nazis änderten einst die Fassade des Hauses. Jetzt soll diese im Zuge der 20 Millionen Euro teuren Umbaus erneut verändert werden. Für Regisseur Schwaiger ist das absurd: «Dahinter steckt die Idee, jede Erinnerung an Adolf Hitler in diesem Haus auszuradieren. Man versucht, die Fassade zu verändern und glaubt, damit die Geschichte aufzuarbeiten. Aber die Fassade zu verändern, und nicht das, was dahinter steckt, das ist in Österreich viel zu lange passiert.»
Schwaigers Dokumentarfilm enthüllt zudem, dass mit dem Einzug der Polizei gewissermassen der Wille von Adolf Hitler erfüllt wird. Der Braunauer Historiker Florian Kotanko fand nämlich einen Zeitungsartikel aus dem Jahr 1939, in dem Hitler ausdrücklich wünschte, dass Staatsangestellte in seinem Geburtshaus arbeiten sollen. Wörtlich steht dort: «Über seinen Wunsch ist es zu Kanzleien der Kreisleitung umzubauen».
Auch deshalb sind laut einer neuen Umfrage der Braunauer Initiative «Diskurs Hitlerhaus» nur sechs Prozent aller befragten Menschen in Österreich dafür, dass die Polizei in Hitlers Geburtshaus einzieht.
Günter Schwaiger ist darum überzeugt, dass die Polizei nie einziehen wird. «Wenn eine so grosse Mehrheit dagegen ist, dann sollte man dringend darüber nachdenken, ob diese Entscheidung die richtige ist für die Zukunft.»