Der Asien-Sicherheitsgipfel in Kürze
- Die Stimmungslage? Irritiert. Auch, aber nicht nur wegen Donald Trump.
- Das Ergebnis: So gut wie kein Problem ist gelöst.
- Wo bleibt das Positive? Immerhin reden alle miteinander – ausser mit Nordkorea. Das blieb dem Gipfel, trotz Einladung, fern.
Wirtschaftlich gehören weite Teile Asiens zu den erfolgreichsten der Welt. Politisch aber ist die Lage angespannt: Territorialkonflikte im süd- und Ostchinesischen Meer, Nordkoreas Atombombe, aber auch die Rivalität zwischen grossen Mächten, von Indien über China bis Japan und immer stärker der Trend, dass der sogenannte «Islamische Staat» auch in Ostasien Wurzeln schlägt. All das treibt die Menschen und die Mächtigen in der Region um. Stoff genug also für den dreitägigen Asien-Sicherheitsgipfel in Singapur am Pfingstwochenende.
Nordkoreas Atombomben
Unerwartet schnell und durch nichts von seinem Kurs abzubringen, macht Nordkorea Fortschritte bei seinem Atom- und Raketenprogramm. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis es einsetzbare Atombomben besitzt.
Keine andere Bedrohung ist deshalb für Ostasien – und inzwischen darüber hinaus – derart akut. Bloss: Taugliche Lösungsrezepte hat niemand. Verhandlungen? Pjöngjang will überhaupt nicht über sein Atomprogramm verhandeln. Denn es ist die Überlebensgarantie des Kim-Regimes.
Sanktionen? Es gibt schon viele. Freitagnacht wurde die Schraube erneut angezogen. Doch sie bewirken wenig, zumal sie nicht konsequent durchgesetzt werden.
Ein militärischer Angriff? Da lautet die grosse Frage, die auf dem Sicherheitsgipfel diskutiert wurde: Würde das Regime, würden die Streitkräfte sofort kollabieren? Oder wäre Pjöngjang noch zu Gegenschlägen imstande, allenfalls gar mit Chemiewaffen? Mit hunderttausenden von Opfern? Jedenfalls – und das ist besorgniserregend: Es wird immer mehr über eine solche militärische «Lösung» des Nordkoreaproblems geredet.
Ein Problem namens Trump
US-Verteidigungsminister James Mattis kam mit einer grossen militärischen und politischen Delegation nach Singapur. Und mit einer schwierigen, ja fast unlösbaren Aufgabe: Den asiatischen Ländern, die sich vor Chinas immer forscherem Verhalten bedrängt fühlen, versichern, dass die USA ihnen weiterhin den Rücken stärken.
Mattis, dem Ex-General wird vertraut. Doch seinem Chef, US-Präsident Donald Trump, traut man nicht. Erst recht nicht, seit er auf dem jüngsten Nato-Gipfel die Nato-Alliierten brüskierte. Seit er dem UNO-Klimaabkommen den Rücken kehrte. Und natürlich seit er dem Transpazifischen Freihandelsabkommen eine Absage erteilte.
Für viele asiatische Regierungen heisst das: Auf die USA ist kein Verlass mehr. Sie verlieren als Partner an Gewicht. Wohl oder übel lehnt man sich daher an den zweiten Giganten, an China an. Wirtschaftlich. Und zunehmend sogar militärisch. Alternative: Chinas Nachbarn, von Südkorea über Australien bis Singapur stärken einander gegenseitig den Rücken. Doch das ist schwierig, denn die Länder Ostasiens sind weit unterschiedlicher als jene in Europa.
Machtkampf um ein Meer
Ein Schiedsgericht in Den Haag hat 2016 entschieden: Die chinesischen Ansprüche auf weite Teile des Südchinesischen Meers sind unberechtigt. Dennoch fährt China mit Hochdruck und Tempo fort, Riffe zu Inseln aufzuschütten und dort militärische Einrichtungen zu bauen.
Die andern Anrainerstaaten müssen dem hilflos zusehen, obschon das Völkerrecht auf ihrer Seite steht. Die USA schicken hie und da Flugzeuge und Schiffe, um zu demonstrieren, dass das Südchinesische Meer nicht Chinas Hoheitsgebiet ist, sondern internationales Gewässer, in dem die «Freiheit der Navigation» gilt. Doch ernsthaft die Stirn bieten auch sie Peking nicht.
Der Territorialstreit ist also de facto entschieden: China hat ihn gewonnen. Nun soll ein in Singapur lange diskutierter «Verhaltenskodex» zumindest dafür sorgen, dass nicht ungewollt aus kleinen Zusammenstössen ein grosser Krieg entsteht. Bloss: Der Kodex ist zahnlos. Strafen für Staaten, die ihn verletzen, sind keine vorgesehen.
Streit um Inseln
Auch im Ostchinesischen Meer überlappen sich Ansprüche auf Inselgruppen. Unter anderem China und Japan liegen hier im Streit. Weil Japan wirtschaftlich mächtig ist und mittlerweile ernstzunehmende Seestreitkräfte besitzt, wagt es China nicht, ganz so offensiv vorzugehen wie im südchinesischen Meer. Der Inselstreit bleibt also unentschieden. Aber eben auch ungelöst.
Indien als Schwergewicht
In Delhi ist man verärgert, dass China immer stärker auch in den Indischen Ozean vordringt und in Südasien Einfluss nimmt. Man rüstet deshalb ebenfalls auf, liegt aber militärisch weit hinter den Chinesen zurück. Ausserdem ist Indien zurzeit stark mit innen- und wirtschaftspolitischen Problemen beschäftigt. Ein echtes Gegengewicht zu China stellt es nicht dar. Zumindest noch nicht.
Die Terroristen regen sich
Praktisch in allen Ländern Süd- und Südostasiens gilt die Terrorgefahr als hoch bis sehr hoch. Selbst im friedlichen Singapur hat man Angst. Auch von hier zogen «Terror-Touristen» in den Kampf für den IS nach Syrien.
Noch gravierender ist das Problem im Süden der Philippinen, in Indonesien, Malaysia oder Thailand. Der IS treibt auch in Asiens Osten Blüten. Immer mehr gewaltbereite radikale Gruppen schliessen sich ihm an. Mancherorts, etwa in Malaysia, sind die Regierungen mitschuldig an der Ausbreitung eines radikalen Islams. Sie haben jahrelang zu wenig gegengesteuert – oder sogar bewusst auf die islamische Karte gesehen. Nun ernten sie, was sie gesät haben.
Der Drang nach Waffen
Die Lage ist angespannt. Die meisten Länder sind verunsichert. Und wohlhabend. Weshalb zurzeit nirgendwo in der Welt derart kräftig aufgerüstet wird wie in Ostasien. Sogar die Golfstaaten hat man mittlerweile überholt. Die Rüstungsspirale dreht sich weiter. Ein Ende ist nicht in Sicht.