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Sicherheitspolitik in Asien China – der immer ungemütlichere Nachbar

Auf dem asiatischen Sicherheitsgipfel in Singapur stehen sich China und die USA feindseliger gegenüber als je zuvor. Beide buhlen um die Gunst asiatischer Länder. Die USA werben mit militärischer Unterstützung. Doch kann Washington halten, was es verspricht?

Barack Obama hat als erster Präsident der USA die Aufmerksamkeit primär auf Asien gerichtet. Doch meinen es die USA ernst? Verteidigungsminister Lloyd Austin räumt am Asien-Sicherheitsgipfel in Singapur ein: «Ja, wir müssen noch mehr tun.»

Austin versichert den Staaten im indopazifischen Raum: Die USA engagieren sich stärker in dieser Weltgegend. Seine Beispiele reichen von neuen Militärbasen auf den Philippinen bis zu mehr rotierenden Truppenkontingenten in Australien. Dazu kommen Rüstungsgüter, Ausbildungsmissionen und Militärmanöver. Die USA seien da, um zu bleiben.

Das wird mit Erleichterung quittiert. «Denn das Interesse an US-Sicherheitsgarantien wächst umso mehr, als viele Regierungen in Süd-, Südost- und Nordostasien China mittlerweile als ungemütlich forsche Macht wahrnehmen», sagt Meia Nouwens, China-Expertin beim Londoner Strategieinstitut IISS.

China wird als revanchistische Macht wahrgenommen.
Autor: Meia Nouwens Expertin beim Londoner Strategieinstitut IISS

Nouwens erklärt: «Viele Staaten begrüssen zudem, dass die Supermacht USA auf Stabilität setzt, auf den Status Quo. China hingegen wird als revanchistische Macht wahrgenommen.» Sie sorgt in Asien für Unruhe – so wie Russland in Europa.

Die USA als zuverlässige Partnerin?

Doch Zweifel an Washington bleiben – weniger wegen der US-Streitkräfte, vielmehr wegen der amerikanischen Politik. Halten auch künftige US-Regierungen an den Verpflichtungen fest?

«Es gibt derzeit zu viel Unsicherheit sowie zu hohe politische und sogar militärische Risiken», sagt Angela Mancini, die als Partnerin bei der Beratungsfirma Controlrisks Unternehmen bei Risikoabschätzungen unterstützt. «Man nimmt die USA im indopazifischen Raum nicht mehr wie früher als alles dominierende Macht wahr – weder wirtschaftlich, diplomatisch noch militärisch.»

Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) legen vor der Parteifahne den Eid auf den Beitritt zur Partei ab.
Legende: China baut seine Streitkräfte seit Jahren aus. IMAGO/VCG

Besonders deutlich wird das auf See. Die weltgrösste Kriegsmarine ist seit kurzem die chinesische. In hohem Takt lässt sie brandneue Fregatten, U-Boote und sogar Flugzeugträger zu Wasser, so Nick Childs, Marineexperte beim IISS.

«Dazu kommt: Die US-Kriegsmarine ist rund um den Globus präsent. Ihre Kräfte sind verzettelt. Die chinesische hingegen ist schwergewichtig im indopazifischen Raum unterwegs», erklärt Childs. «Dort stellt sie eine immer grössere Herausforderung für die Amerikaner dar.» Zusammen mit Pekings ebenfalls sprunghaft wachsendem Raketenarsenal möglicherweise eine so grosse Herausforderung, dass die USA einen chinesischen Angriff auf Taiwan nicht länger abwehren könnten.

Die USA sind langfristig weder fähig noch willens, für umfassende Sicherheit im indopazifischen Raum zu sorgen.
Autor: Tim Huxley ehem. Chef vom Sicherheitsgipfel IISS-Asia

Dennoch mahnt Tim Huxley zu mehr Gelassenheit und weniger Kriegsrhetorik. Er organisierte während Jahren den Asien-Sicherheitsgipfel. «Klar gibt es in Asien aktuell mehr Unsicherheit, mehr Spannungen – das ist unvermeidlich, da China mit aller Entschlossenheit eine grössere Rolle beanspruche, regional und weltweit.»

«Gleichzeitig sind die USA langfristig wohl weder fähig noch willens, für umfassende Sicherheit im indopazifischen Raum zu sorgen», so Huxley. Also müssen Länder wie Australien, Südkorea, Japan, Indien, Vietnam und auch Kleinstaaten wie Singapur selber mehr leisten für ihre Sicherheit.

Ein Credo, das auch Pentagon-Chef Austin vertritt: «Ja, die USA seien bereit, weiter beizustehen. Entscheidend jedoch ist die Kraft von Partnerschaften, von Freundschaften und Allianzen.»

USA schicken Regierungsvertreter zu Gesprächen nach China

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Inmitten schwer belasteter Beziehungen zwischen den USA und China schickt die US-Regierung hohe Vertreter zu Gesprächen nach Peking. Der für Ostasien und den Pazifik zuständige Abteilungsleiter im US-Aussenministerium, Daniel Kritenbrink, werde von Sonntag an zuerst in China und anschliessend in Neuseeland sein, teilte das US-Aussenministerium am Samstag mit.

Bei den Gesprächen in Peking solle es um wichtige Fragen zum Verhältnis der beiden Grossmächte gehen. Auch eine Vertreterin des Nationalen Sicherheitsrates der USA werde daran teilnehmen. Die US-Regierung zeigt sich derzeit äussert besorgt über den Mangel an Kommunikation mit China – und warnte in dieser Woche nach einem Vorfall mit Militärflugzeugen beider Länder über dem Südchinesischen Meer vor Missverständnissen zwischen den Streitkräften, die leicht eskalieren könnten.

(sda)

SRF 4 News, 03.06.2023, 12 Uhr

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