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Sofia Corradi stirbt 91-jährig «Mamma Erasmus» kämpfte für Europas Studierende

18 Jahre lang kämpfte die Römerin dafür, dass Europas Jugend im Ausland studieren kann. Nun ist «Mamma Erasmus» tot.

Auch Sofia Corradi zog es als junge Studentin ins Ausland. Sie erklärte es einmal damit, dass sie eben sehr neugierig sei: «Neugier ist meine erste Tugend, aber auch mein erstes Laster.»

Geboren wurde Sofia Corradi 1934 in eine mittelständische Römer-Familie. Sie und ihre Schwester studierten beide und beide wollten dafür ins Ausland, gegen alle damals existierenden Widerstände.

18 Jahre Kampf

Corradi zog es nach New York an die renommierte Columbia University, wo sie diverse Examen ablegte. Nach ihrer Rückkehr nach Rom aber wollte ihre Universität in Rom, die Sapienza, keine der glänzend bestandenen Prüfungen akzeptieren. Sie habe sich in New York doch nur vergnügt und wolle nun dafür eine «Laurea», den italienischen Studienabschluss, abholen.

Sofia Corradi wehrte sich, nicht für sich, wie sie oft sagte, sondern für die nachkommenden Generationen. Sie erstritt gegen mannigfache Widerstände das Recht, im Ausland zu studieren und erworbene Titel international anerkennen zu lassen. 18 Jahre dauerte dieser zähe Kampf gegen italienische und später auch europäische Bürokraten.

Ihr unermüdlicher und zäher Widerstand hat seither über 16 Millionen Jungen den Weg geebnet. Sie haben seit den späten 1980er-Jahren am von Corradi angestossenen Erasmus-Programm teilgenommen.

Das Andere kennen ist wichtig, um die Verständigung unter den Völkern zu fördern.
Autor: Sofia Corradi Rechts- und Erziehungs­wissenschaftlerin

 «Das Andere kennen ist wichtig, um die Verständigung unter den Völkern zu fördern», sagte Corradi vor ein paar Jahren in einem Interview. Ihr ging es dabei auch um die Europäische Einigung. Und darum, dass sich ein Studium im Ausland auch junge Leute leisten können, die nicht aus begüterten Familien stammen.

«Wir müssen die universitäre Bildung demokratisieren», stellte die Rechts- und Erziehungs­wissenschaftlerin einst fest – und leistete dazu im Alleingang einen erstaunlichen Beitrag.

Sofia Corradi
Legende: Sofia Corradi erhielt am 9. Mai 2016 in Spanien den Europa-Preis Karl V., der seit 1995 von der Stiftung der Europäischen Akademie von Yuste verliehen wird. Im Hintergrund Martin Schulz, der damalige Präsident des Europäischen Parlaments. Imago/AgenziaEFE

Corradi starb am letzten Freitag 91-jährig in Rom. Ihr Name stehe für die Idee einer europäischen Jugend, die sich treffen und durch ihre Unterschiede bereichern kann, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in einer Würdigung.

«Geburt der Generation Europa»

 Corradi sei die «Geburt der Generation Europa» zu verdanken, stellte Italiens Aussenminister Antonio Tajani fest: «Sie hat das Leben von Millionen junger Menschen inspiriert und bereichert.»

«Mamma Erasmus» nannte man sie in Italien. Ein Spitzname, der ihr gefiel: Das erinnere sie an Namen italienischer Trattorien – einfache Orte, wo man bestens esse. Offensichtlich hat Sofia Corradi auch ihr Humor geholfen, der universitären Bürokratie das Erasmus-Programm abzuringen.

Echo der Zeit, 20.10.2025, 18 Uhr

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