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Spannungen im Nahen Osten Warum der IS einen Anschlag auf Iran verübt haben könnte

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat sich zum Anschlag in der iranischen Stadt Kerman bekannt. Die Zusammenhänge zwischen Iran, Soleimani, dem IS und dem Westen.

Bekennerschreiben aufgetaucht: Nach dem Anschlag in der iranischen Stadt Kerman, bei der gemäss iranischen Angaben 84 Menschen getötet und 284 Menschen verletzt wurden, ist ein Bekennerschreiben des Islamischen Staates IS aufgetaucht. Am Donnerstag schrieb der IS auf seinem Telegram-Kanal, er verantworte den Anschlag. Der Gewaltakt fand während einer Gedenkveranstaltung zum Tod des iranischen Generals Ghassem Soleimani statt. Dieser war vor vier Jahren von den USA getötet worden.

Es wirkt fast so, als wäre das Bekennerschreiben des IS der Islamischen Republik in die Quere gekommen.
Autor: Nathalie Amiri Moderatorin ARD-Weltspiegel

Reaktion der iranischen Regierung: Laut Natalie Amiri, Moderatorin des ARD-Weltspiegels und frühere ARD-Iran-Korrespondentin, hat die iranische Regierung auf das Bekennerschreiben keine grosse Reaktion gezeigt. Die iranische Regierung hatte kurz nach dem Anschlag in Kerman Israel und die USA verdächtigt, dahinterzustecken. «Es wirkt fast so, als wäre das Bekennerschreiben des IS der Islamischen Republik in die Quere gekommen», sagt die Beobachterin. Das Bekennerschreiben setzt die Schuldzuweisung der iranischen Regierung ausser Kraft.

Sunnitischer und schiitischer Islam

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Auch im Islam – wie beispielsweise im Christentum – gibt es verschiedene Gruppierungen. Die zwei grössten sind die Sunniten und die Schiiten. Die grundsätzliche Differenz der beiden Ausrichtungen besteht darin, dass sie eine verschiedene Auffassung vertreten, wer dem Propheten Mohammed nach seinem Tod im Jahr 632 nachgefolgt sei. Die späteren Sunniten waren der Meinung, Mohammed habe keinen Nachfolger benannt, und sie wollten diesen wählen. Für die Schiiten musste der Nachfolger Mohammeds ein Nachkomme des Propheten sein.

Auffälligkeiten am Bekennerschreiben: Gemäss Terrorananalysten weist das Bekennerschreiben zwei Besonderheiten im Vergleich zu früheren Bekennerschreiben auf. Erstens sei das Logo des IS nur auf Englisch, nicht wie sonst auf Englisch und Arabisch vorhanden, und zweitens werde nur der IS allgemein genannt, keine lokale Gruppe.

Die Anhänger des IS hassen Schiiten noch mehr als den Westen.
Autor: Nathalie Amriri Moderatorin ARD-Weltspiegel

Doch für die ARD-Journalistin Natalie Amiri ist es trotzdem durchaus plausibel, dass der IS den Anschlag verübt hat. Die Art des Anschlags spreche für den IS. «Einen Anschlag mitten in Zivilisten zu begehen, ist sehr typisch für den IS.»

Abgedeckte Körper nach einem Anschlag
Legende: Der Anschlag fand in Kerman statt, dem Ort, an dem Ghassem Soleimani gelebt hatte. IMAGO/ZUMA Wire/Fars

Soleimani als Hauptfeind des IS : Wie die ehemalige ARD-Korrespondentin in Iran sagt, ist für den IS der Hauptfeind nicht der Westen, sondern es sind die Schiiten. «Für den IS sind die Schiiten Ungläubige», sagt Amiri. «Die Anhänger des IS hassen Schiiten noch mehr als den Westen.» Auch deshalb geht sie davon aus, dass der IS hinter dem Anschlag im Iran stecken könnte.

Soleimani als ehemaliger Drahtzieher: Der von den USA 2020 mittels einer Drohne getötete General Ghassem Soleimani galt als Drahtzieher der Beziehungen zwischen Iran und muslimischen Gruppen in der weiteren Region, wie der Hisbollah, der Hamas und den Huthi in Jemen.

Präzisierung zur Hamas

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In der ersten Version dieses Beitrags wurde die Hamas als von Iran unterstützte Stellvertreter-Gruppierung unter schiitischen Gruppierungen subsumiert. Dies ist falsch; die Hamas ist eine sunnitische Gruppierung. Aus geostrategischen Gründen unterhält Iran auch Beziehungen zur Hamas.

Reaktion der iranischen Bevölkerung: Eine grosse Anzahl der iranischen Bevölkerung stehe nicht mehr hinter der iranischen Regierung. Das Misstrauen gegen die eigene Regierung gehe sehr weit, sagt Amiri: «Es wurde gar spekuliert, dass die iranische Regierung selbst hinter dem Anschlag stecken könnte.»

Haltung der islamischen Republik: Die Regierung spiele die Anschläge herunter, um der Bevölkerung nicht zu signalisieren, dass Instabilität herrsche. «Instabil ist es von Seiten der Bevölkerung, die dieses Regime stürzen will.» Die iranische Regierung sei stark damit beschäftigt, so Amiri, auf ihre sogenannten Proxies zu fokussieren, dies sind die Hamas, die Hisbollah und die Huthis. Proxy bedeutet auf Englisch Stellvertreter. Das iranische Regime werde deshalb die Rache für den Anschlag nicht auf einen Flächenbrand hinauslaufen lassen.

Natalie Amiri

Journalistin und Nahost-Expertin

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Die deutsch-iranische Journalistin Natalie Amiri ist internationale Korrespondentin bei der ARD. Zuvor war sie fünf Jahre lang Studioleiterin der ARD in Teheran.

SRF 4 News, 05.01.2024, 07:20 Uhr ; 

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