Was sagen die Chinesen über die Schweiz?
Taxifahrer kennen ihre Länder oft am besten. Und wenn jemand in China der Schweiz ein gutes Zeugnis ausstellt, dann sind es die Taxifahrer – oder 2017 eher die Didi- und Uber-Fahrer.
«Wo kommen Sie her?» So starten Unterhaltungen oft, sobald sie merken, dass das Gegenüber Chinesisch spricht. «Aus der Schweiz!» Dann leuchten die Augen der Fahrer meistens auf. «Die Schweiz?! Ein gutes Land, sehr gutes Land!» Oder: «Ah! Uhren!» Oder: «Oh! Wunderschön! Da ist es so sicher.»
Uhren und Schokolade
Auf den Strassen von Shanghai erzählt der 58-jährige Herr Qiu seine Sichtweise über die Schweiz: «Die Schweiz ist ein altes kapitalistisches Land, der Lebensstandard da ist sehr hoch. Die Alpen sind wunderschön.» Insgesamt sind die Uhren wohl das bekannteste Produkt aus der Schweiz, gefolgt von Schokolade. Beides kommt Chinesen als Erstes in den Sinn, wenn sie auf die Schweiz angesprochen werden.
So etwas wie das Paradies.
Die Schweiz gilt auch als ruhig und sicher, mit hohem Wohlstand und ausgebauten Sozialwerken, was vor allem älteren Chinesen imponiert, welche noch die Jahre bevor Chinas Öffnung unter Deng Xiaoping und die Kulturrevolution selbst erlebt haben. «So etwas wie das Paradies», stellt sich der 60-jährige Herr Yao die Schweiz vor.
Tom, 40-jährig, verkauft Socken am Strassenrand. «Ich kann mich erinnern, dass Edgar Snow oft seine Ferien in der Schweiz verbrachte, ich weiss, dass viele berühmte Menschen dort in die Ferien gehen», sagt er. Edgar Snow hatte Mao Zedong über lange Zeit begleitet und seine Erlebnisse im Buch «Roter Stern über China» veröffentlicht. Er ist in China sehr bekannt.
Schweizerkreuz ist allgegenwärtig
Ob jung oder alt, jeder hat schon von der Schweiz gehört; jeder vom weissen Kreuz auf rotem Hintergrund. Das hat auch damit zu tun, dass hier Millionen von Chinesen ungemein populäre Kopien von Wenger- und Victorinox-Rucksäcken besitzen, und somit das Schweizerkreuz täglich überall auf der Strasse präsent ist. Die Rucksäcke sind für etwa 20 Franken bei Alibaba zu kaufen. Die Markennamen heissen «Svvtss Cfap», «Swissgear» oder «Schwyz Master».
Ein negatives Wort zur Schweiz ist nie zu hören. Die Gründe dafür sind erstens die tatsächlich sehr guten Beziehungen zwischen China und der Schweiz, zweitens die Popularität der Schweiz als Tourismusdestination, und drittens auch die chinesische Staatspropaganda.
Lange Freundschaft zwischen den beiden Ländern
Auf offizieller Ebene rattern alle immer als Erstes die lange Freundschaft zwischen der Schweiz und China herunter: 17. Januar 1950 als erstes Land mit China diplomatische Beziehungen aufgenommen. Schindler gründete 1980 das erste Joint-Venture im Industriesektor. Im Juli 2007 anerkannte die Schweiz China als Marktwirtschaft. Seit 2014 haben beide Länder ein Freihandelsabkommen. Das wird der chinesische Präsident Xi Jinping auch in Davos so vortragen.
Der chinesische Botschafter in der Schweiz, Geng Wenbing, sagte letzte Woche im chinesischen Staatsfernsehen: «Nach über 60 Jahren haben die schweizerisch-chinesischen Beziehungen eine Periode der raschen Verbesserung erreicht. Die Schweiz hat andere Länder in Europe überholt, in Bereichen wie Freihandel finanzieller Kooperation.» Auf offizieller Ebene schätzt China sehr, dass sich auch die Schweiz praktisch nie kritisch zu China äussert. Das gefällt den Parteieliten. Andere Fakten, beispielsweise dass bis heute in der Schweiz eine der grössten Exilgemeinden von Tibetern lebt, kennen nur wenige.
Die Schweizer selbst, berichtet das Staatsfernsehen, seien harte Arbeiter, genügsam, ehrlich und hielten sich an Regeln. Die Alpen seien ein «göttliches Geschenk», ausserdem sei die Schweiz die Heimatstadt der Uhren und eines der reichsten Länder der Erde. Für China ist die Schweiz ein idealer Partner in Europa. Während in der breiten Bevölkerung die üblichen Schweizer Stereotypen verbreitet sind, schätzen die Eliten im Land hauptsächlich die zurückhaltende Aussenpolitik der Schweiz. Sie müssen keine Angst haben, dass die Schweiz sich unangenehm in die chinesische Innenpolitik einmischt.