Der Druck auf die Regierung Biden ist gross. An der Südgrenze zu den USA ist die Zahl der Migrantinnen und Migranten so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Republikaner und Teile der Demokraten fordern Lösungen. Nun ist US-Vizepräsidentin Kamala Harris unterwegs auf Staatsbesuch in Guatemala und Mexiko.
Reise in Schlüsselstaaten
Vom Besuch von Vizepräsidentin Kamala Harris in Guatemala und Mexiko seien keine Wunder zu erwarten, sagt Claudia Brühwiler, Politologin und Amerika-Expertin an der Universität St. Gallen. Zudem betreffe ihr Dossier nicht die Krise an der Grenze zur USA, sondern jenes über die Migrationsursachen im nördlichen Dreieck von El Salvador, Guatemala und Honduras sowie Mexiko.
Es sei diesbezüglich eine Reise in Schlüsselstaaten: Fast ein Drittel der sogenannt undokumentierten Migranten stammt aus Mexiko, 44 Prozent stammen aus dem nördlichen Dreieck. Dabei hätten die USA das Gespräch mit den als instabil geltenden Regimes von El Salvador und Honduras noch nicht gesucht.
Vielfältige Fluchtursachen
In Mexiko wird es laut Brühwiler unter anderem um Menschenrechte gehen, aber auch um den kritisierten Einsatz des Militärs für zivile Aufgaben. Auch im autoritären Guatemala stünden rechtsstaatliche Fragen an. «Es ist ein Balanceakt für die USA. Denn gleichzeitig weiss man, dass die Fluchtursachen teils auch mit der demokratischen Qualität der Regierungsarbeit in diesen Ländern zusammenhängen.»
Ein langfristiges Ziel der USA ist es, die Migration durch wirtschaftlichen Aufschwung zu stoppen. Bei den Besuchen von Harris gehe es denn in erster Linie auch um die langfristigen Ziele des Migrationsprojekts, das Biden schnüren möchte, so Brühwiler.
Es sind konkret vier Milliarden Dollar Hilfe an Länder in Lateinamerika, vor allem Zentralamerika. Bereits wendeten viele Experten ein, dass ein entsprechender Ansatz bereits unter der Obama-Regierung nicht erfolgreich gewesen sei, so Brühwüler.
Keine raschen Erfolge zu erwarten
Die Biden-Regierung versuche in der Migrationspolitik einen «Mittelweg», erklärt Brühwiler. Im Wissen, dass sie den Forderungen des linken demokratischen Flügels nach einer generellen Amnestie von Migranten und der Entkriminalisierung illegaler Grenzübertritte nicht nachkommen kann.
Auch wisse Biden, dass sich konservative Wählerinnen und Wähler spätestens seit 2016 eine andere Migrationspolitik wünschten.
Die Biden-Regierung versucht in der Migrationspolitik einen Mittelweg.
Eine erleichterte Abwicklung der Asylfälle an der Grenze und der Verzicht auf drakonische Massnahmen wie die Trennung von Familien sollen aber möglich werden. Zudem soll eine Lösung für die 10.5 Millionen sogenannt illegalen Immigranten gefunden werden, die schon länger in den USA leben.
Für sie soll ein Weg gefunden werden, um auf legale Weise zum Bürgerrecht zu kommen. Die Vorlage ist im Kongress hängig und wird zwischen den politischen Lagern entschieden werden.
Laut Brühwiler wäre es eine Illusion, bereits vor dem Midterm-Wahlen 2022 Lösungen zu erwarten. Denn über das Migrationsdossier könne man sich sehr gut profilieren. Deshalb werde Harris von den Republikanern auch ständig mit der Lage an der Grenze in Verbindung gebracht, obwohl das gar nicht ihr Dossier sei.