Schlecht gearbeitet. So könnte man den Vorwurf des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zusammenfassen. Es wirft der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) vor, in ihrem McLaren-Bericht ungenau zu sein.
So schreibt das IOC in einem öffentlichen Brief, die Wada habe zugegeben, dass die im McLaren-Bericht angeführten Beweise in vielen Fällen nicht für Sanktionen gegen Athletinnen und Athleten ausreichten. Die öffentliche Kritik stösst wiederum der Wada sauer auf.
Das IOC wollte gegenüber Radio SRF keine Stellung beziehen. Geantwortet hat dafür Matthias Kamber, Direktor von Antidoping Schweiz. Er verteidigt die Arbeit von Richard McLaren: Die Beweislage sei wasserdicht. Es habe systematisches Doping gegeben. Russland habe die an sich unabhängigen Anti-Doping-Stellen zur Zusammenarbeit und zum Betrug angehalten.
Die Beweislage für systematisches Staatsdoping ist wasserdicht. Russland hat seine unabhängigen Anti-Doping-Stellen zum Betrug angehalten.
IOC setzt Kommissionen unter prominenter Führung ein
Das IOC aber will es genauer wissen und prüft nun den Mc-Laren-Bericht vertieft. IOC-Präsident Thomas Bach hat dazu zwei Kommissionen eingesetzt. Beide werden von Schweizern geleitet: Die eine von IOC-Mitglied Denis Oswald, die andere von alt Bundesrat Samuel Schmid. Beide geben auf Anfrage keine Auskunft mit Verweis auf die laufenden Untersuchungen.
Dem IOC gehe es gar nicht um die Inhalte des Berichts, sondern es spiele einfach auf Zeit, kritisiert der deutsche Sportjournalist und langjährige IOC-Kritiker Jens Weinreich. Denn das IOC hätte längst handeln können, wenn es denn gewollt hätte: «Die olympische Charta regelt das eindeutig. Russland könnte überhaupt nichts machen.
Das IOC will nicht nach seiner olympischen Charta handeln. Das ist nicht zum ersten Mal so.
Weinreich verweist darauf, dass der vom IOC kritisierte McLaren-Bericht gar nie darauf abzielte, einzelne Athletinnen und Athleten zu brandmarken. Ziel sei vielmehr gewesen, das russische Staatsdoping aufzudecken. Dass nun das IOC just die fehlenden Beweise gegen einzelne Sportler kritisiere, sage viel aus über das Komitee. Die öffentliche Kritik sei nichts anderes als lupenreine Propaganda.
Antidoping Schweiz vermisst starke Zeichen
Auch Kamber glaubt nicht mehr daran, dass aufgrund des Berichts noch viele Sportler gesperrt werden. Keine Sanktionen wären für ihn aber ein verheerendes Zeichen an die sauberen Sportlerinnen und Sportler: «Sie erwarten eigentlich von uns, dass wir sie schützen.» Es müssten starke Zeichen gesetzt werden. Ansonsten entstehe der Eindruck, institutionell verordnetes Doping werde toleriert, während kleine Fische wegen eines falschen Nasensprays oder Erkältungsmittels bestraft würden.
Die sauberen Sportlerinnen und Sportler erwarten von uns, dass wir sie schützen.
Elf Monate bis zu den nächsten Spielen
Die Zeit drängt nun. Denn in elf Monaten beginnen die Olympischen Winterspiele in Südkorea. Geht es aber so langsam weiter wie bis jetzt, wird Russland mit einem Grossaufgebot in Südkorea starten, obschon der McLaren-Bericht etliche Beweise für Staatsdoping aufgelistet hat.