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Steigende Energiekosten Die EU reagiert auf den Gaspreis-Schock – mit mehr Klimaschutz

  • Die Preise für Gas und Strom steigen in Europa stark an. Die EU will verhindern, dass die hohen Energiepreise die wirtschaftliche Erholung nach der Covid-19-Krise gefährden.
  • Darum ruft die EU-Kommission alle EU-Mitglieder auf, gezielt Haushalte zu unterstützen und Kleinunternehmen notfalls befristet von Energieabgaben zu befreien.
  • Gleichzeitig will sich die EU bei der Klimapolitik nicht vom eingeschlagenen Weg abbringen lassen.

97 Prozent des in der EU verbrauchten Erdöls muss importiert werden. Die Abhängigkeit von Importen beim Gas liegt bei 90 Prozent. Mehr Unabhängigkeit im Energiesektor müsse in der EU oberste Priorität haben, unterstreicht denn auch EU-Kommissarin Kadri Simson.

Die EU hat eine Strategie, die Abhängigkeit von Importen im Energiesektor zu reduzieren. Der «Green Deal» verlangt von allen Mitgliedsstaaten, ihren Energiemix radikal umzukrempeln: Weg von Gas und Erdöl, hin zu einer massiven Förderung erneuerbarer Energiequellen wie Solarstrom oder Strom aus Windkraft.

Erneuerbare bleiben der Schlüssel

Viel Geld steht zur Verfügung: Die Milliarden aus dem Corona-Wiederaufbau-Fonds sollten hierfür genutzt werden, so die Vorgabe aus Brüssel. Deshalb gelte es, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, so Energiekommissarin Simson. Die einzig richtige Antwort auf den aktuellen Preisschock sei der Umstieg auf alternative, lokale, grüne Energiequellen.

Wegen der stark steigenden Nachfrage nach Gas sind aktuell fossile Energieträger so teuer.
Autor: Kadri Simson Energiekommissarin der EU

Die EU weist also Forderungen aus einigen EU-Staaten klar zurück, die strengen Vorgaben in der Klimapolitik rückgängig zu machen. In ihrer Analyse kommen die Expertinnen und Experten der EU-Kommission ohnehin zum Schluss, dass die Vorgaben aus der Klimapolitik nicht Schuld seien an den aktuell überhöhten Preisen. «Wegen der stark steigenden Nachfrage nach Gas sind aktuell fossile Energieträger so teuer», sagt Simson.

Den Beweis erbrachte das letzte Jahr: Während der Corona-Pandemie konnten einige Länder ihren tieferen Energiebedarf grösstenteils mit erneuerbaren Energien decken – bei sinkenden Preisen. Nun zeige sich die Kehrseite der Medaille. Das Angebot an erneuerbarer Energie sei noch viel zu klein in der EU, so Simson.

Das heisst nicht, dass sich die EU bei der aktuellen Krise aus der Verantwortung schleichen will. Die EU-Kommission unterbreitet den EU-Staaten einen vielfältigen Katalog an kurzfristigen Massnahmen; als Reaktion auf stark steigende Rechnungen für Gas und Strom.

Gemeinsamer Einkauf von Gas und Erdöl?

20 Länder machen davon schon Gebrauch. Sie unterstützen einkommensschwache Haushalte mit monatlichen Direktzahlungen, sie senken vorübergehend die Mehrwertsteuer auf Energieprodukten oder sie erlassen Abgaben und Gebühren für Kleinunternehmen. Die Liste ist so lang und vielfältig wie die Energieversorgungs-Strategien in allen 27 EU-Staaten. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, schlägt die EU-Kommission Regeln vor, die für alle gelten sollen.

Mittelfristig könne die EU auch Lagerkapazitäten besser koordinieren, um auf Preissprünge reagieren zu können. Solche fehlen noch in einigen EU-Staaten. Eine Möglichkeit wäre auch, künftig EU-weit Gas und Erdöl gemeinsam einzukaufen – analog der Corona-Medikamente. Beide Vorschläge stossen aber schon heute auf Widerstand bei den EU-Mitgliedsstaaten.

Echo der Zeit, 13.10.2021, 18 Uhr

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