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In Grossbritannien sind Tomaten und Gurken Mangelware
Aus Tagesschau vom 25.02.2023.
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Stockender Handel mit Europa Tomaten, Gurken und Kopfsalat sind in Grossbritannien Mangelware

In britischen Supermärkten fehlt Gemüse. Nicht wegen Brexit, diesmal. Sondern wegen der Kälte rund ums Mittelmeer.

«Sorry. Out of stock.» Eine Entschuldigung soll die Kundschaft besänftigen. In den «Tesco»-Supermärkten in Grossbritannien informiert dieser blaue Aufkleber auf leeren Harassen in der Gemüseauslage, dass die gewünschte Sorte vorübergehend ausverkauft ist.  

Tesco ist die Nummer 1 der britischen Grossverteiler und hat Mitte Woche entschieden, den Verkauf von Tomaten, Gurken und Kopfsalat zu rationieren. Kunden dürfen ab sofort maximal drei Packungen pro Sorte kaufen, mehr nicht. So soll die knappe Menge dieser Gemüsesorten für mehr Haushalte reichen.

Dieselbe Einschränkung gilt bei Aldi auf Tomaten, Gurken und Peperoni. Der Grossverteiler Asda war Anfang Woche vorausgegangen. Und auch «Morrisons» rationiert das Gemüse.

Versorgungsengpass von mehreren Wochen

Das weckt Erinnerungen an leer gekaufte Läden im Jahr 2021 – kurz nach Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU. Laut Branchenkennern muss sich die Bevölkerung diesmal auf Lieferschwierigkeiten von drei bis vier Wochen einstellen.

Ist der Brexit schuld?

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Nein, diesmal nicht. Dass in britischen Supermärkten der Nachschub von frischem Gemüse aus südlichen Gefilden gegenwärtig stockt, hat mit den überraschend tiefen Temperaturen im Mittelmeerraum zu tun – wo in den Wintermonaten frische Tomaten, Gurken, Peperoni oder Broccoli für die nordeuropäische Kundschaft produziert werden.

Vor zwei Jahren war das anders – nach der Kampfscheidung des Vereinigten Königreiches und der Europäischen Union: Ab Anfang 2021 blieben die Regale in vielen britischen Supermärkten während Wochen leer, weil zahlreiche Lastwagen mit Frischprodukten aus EU-Ländern an der Grenze hängen blieben. Die Zollkontrollen waren chaotisch und zogen sich in die Länge. Doch das hat sich inzwischen eingespielt.

Die gegenwärtigen Verzögerungen und Engpässe beim Import von frischem Gemüse aus Südeuropa und Nordafrika haben andere Gründe: Der überraschend raue Winter im Mittelmeerraum hat das Wachstum des Gemüses gebremst.

Und hoher Seegang zwischen Marokko und Spanien beeinträchtigte den Schiffsverkehr vorübergehend: Vom 9. bis 12. Februar blieben zahlreiche Frachtschiffe im Hafen von Tanger liegen, was die Lieferschwierigkeiten verschärft hat.

«Klimawandel führt zu mehr Engpässen – im Winter und im Sommer»

Zu den grossen Importeuren von frischem Gemüse aus dem Mittelmeerraum gehören die Riverford Organic Farmers. Sie sind in Südengland ansässig und verschicken ihre Gemüsepakete an ihre Kunden in ganz Grossbritannien. Seit zehn Tagen stockt der Nachschub. Und Geschäftsführer Luke King befürchtet, dass solche Lieferengpässe zur neuen Normalität zu werden drohen.

Gegenüber ITV News sagt King: «Der Klimawandel führt dazu, dass sich Wetter-Extreme – beispielsweise in Spanien – zu häufen beginnen; sowohl im Winter als auch im Sommer. Das führt zu Unterbrüchen in den Lieferketten. Der gegenwärtige Unterbruch dürfte drei bis vier Wochen dauern.»

Die Versorgungssicherheit unseres Landes ist in grosser Gefahr
Autor: Liz Webster Gründerin Save British Food

Im Winter wird das in Grossbritannien verkaufte Frischgemüse – wie Tomaten, Gurken und Salate – mehrheitlich importiert. Bei den Tomaten sind es rund 95 Prozent. In diesem Winter ist die inländische Produktion noch weiter zurückgegangen, da mehrere Produzenten ihre Gewächshäuser wegen der Energiekosten stillgelegt haben.

Welches Gemüse essen die Britinnen und Briten am liebsten?

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Kartoffeln sind das Lieblingsgemüse – ob frittiert, gebraten oder püriert. An zweiter Stelle folgen Tomaten, obwohl diese, strenggenommen, Früchte sind. Auf Platz drei folgen Karotten, wie eine im September 2022 durchgeführte Marktstudie bei 2000 Britinnen und Briten ergeben hat.

Viertliebstes Gemüse sind Zwiebeln, gefolgt von Pilzen, Gurken, Bohnen, Peperoni, Kopfsalat und Broccoli. 

Die Bauern-Organisationen schlagen Alarm. Liz Webster von der Lobby-Organisation Save British Food warnt: «Die Versorgungssicherheit unseres Landes ist in grosser Gefahr, wenn gleichzeitig mit den Importen auch die inländische Produktion zurückgeht.»

Webster fordert von der Regierung weitere Stützungsmassnahmen – bei den Energiekosten, damit die britischen Bauern weiterproduzieren können. Doch davon will Ernährungs- und Umweltministerin Thérèse Coffey nichts wissen. Im Parlament sagt sie Mitte Woche lakonisch: «Tomaten fehlen? Lasst die Menschen Rüben essen.»

Tatsächlich: Ganz auf Gemüse verzichten müssen Britinnen und Briten trotz allem nicht. Inländisches Lagergemüse vom vergangenen Sommer – wie beispielsweise Lauch, Karotten, Rüben, Kohl oder Sellerie – gibt es in den Supermärkten nach wie vor in rauen Mengen zu kaufen.

Auch Äpfel und Birnen könnten knapp werden

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Nach Gemüse könnten in Grossbritannien nach Einschätzung von Landwirten auch Äpfel und Birnen knapp werden. Die Knappheit einiger Obst- und Gemüsesorten sei nur die «Spitze des Eisbergs», sagte der stellvertretende Präsident des Agrarverbandes NFU, Tom Bradshaw, am Samstag. «Einzelhändler tun alles, um die Kosten während dieser Krise der Lebenshaltungskosten gering zu halten.» Aber Landwirte und Züchter könnten es sich nicht leisten, in die künftige Lebensmittelproduktion zu investieren.

Der «Guardian» hatte berichtet, dass Obstproduzenten nur ein Drittel der Apfel- und Birnbäume gepflanzt hätten, die nötig seien, um die 5500 Hektar grosse Produktionsfläche in Grossbritannien zu erhalten. Hauptgrund seien dem Apfel- und Birnenhandelsverband zufolge «Supermarktrenditen, die nicht nachhaltig sind». (dpa)

Tagesschau, 25.2.2023, 19:30 Uhr

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