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Street View angeklagt Google fotografiert nackten Argentinier und muss jetzt blechen

Ein Sonnenbad im Garten wird für einen Polizisten zum globalen Auftritt. Das Gericht spricht ihm nun 16 Millionen Pesos zu. Ein Überblick.

Darum geht es: Ein Argentinier hat erfolgreich Google Street View auf Schadenersatz verklagt. Das US-Unternehmen hat den Mann unwillentlich im Vorgarten beim Sonnenbaden fotografiert. Das Brisante daran: Der Mann war nackt und die Google-Bilder wurden später in den sozialen Medien verbreitet. Wegen der Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Mannes muss Google 16 Millionen Pesos (rund 10'000 Franken) zahlen, wie ein argentinisches Berufungsgericht urteilte. Google habe die Privatsphäre des Mannes auf «eklatante» Art und Weise verletzt, hiess es im Urteil.

Der Vorfall: Das Bild war 2017 in der argentinischen Kleinstadt Bragado aufgenommen worden. Der Mann hatte sich nackt in seinem Vorgarten aufgehalten, der von einer zwei Meter hohen Mauer geschützt ist. Das Bild der Google-Street-View-Kamera war jedoch aus einem Winkel aufgenommen worden, der einen Blick auf die Vorderseite des Hauses und damit auch auf die nackte Rückseite des Mannes erlaubte. Auch die Hausnummer und der Strassenname waren zu sehen. Das Foto wurde in einem lokalen Nachrichtensender und in Onlinemedien verbreitet. Der Mann, ein Polizist, sah sich daraufhin dem Spott seiner Kollegen und Nachbarn ausgesetzt, wie er bei der Klage vorgebracht hatte.

Google Street View Auto fährt an Wohnhäusern vorbei.
Legende: Google Street View filmt nicht nur die Umgebung, sondern auch den Alltag. In der Schweiz muss Google aber sicherstellen, dass Gesichter unkenntlich gemacht werden. (Bild: Pfaffenhofen an der Ilm, Deutschland) IMAGO / Action Pictures

Das Urteil: Der Geschädigte sei «nicht an einem öffentlichen Ort, sondern innerhalb der Grenzen seines Hauses» aufgenommen worden, entschied das Berufungsgericht. Der zwei Meter hohe Zaun sei höher als der Durchschnittsmensch. Es bestehe «kein Zweifel, dass es sich um ein willkürliches Eindringen in das Leben eines anderen Menschen handelte». Dazu kommt, dass die Bilder später von lokalen Nachrichtensendern und in sozialen Medien verbreitet wurden. Der Argentinier ist Polizist und sei dadurch öffentlich blossgestellt worden. Google hatte sich zuvor verteidigt, die Mauer um den Garten sei nicht hoch genug gewesen. Im vergangenen Jahr hatte ein anderes Gericht die Klage des Argentiniers abgewiesen, mit der Begründung, der Mann sei selbst schuld, da er «in unangemessener Weise in seinem Garten herumlief».

Ist ein solcher Fall in der Schweiz möglich? Nein, sagt Wirtschaftsredaktor Pascal Lago. In der Schweiz dürfe Google keine Bilder von Gärten machen, die von einer Hecke oder Mauer umgeben sind. «Es dürfen also keine Aufnahmen von einem gemacht werden, die nicht auch von gewöhnlichen Passanten gesehen werden könnten. Wenn man sich allerdings in einem Garten aufhält, der gut vom Spazierweg aus sichtbar ist, darf Google einen fotografieren.»

Wegweisendes Urteil aus der Schweiz: Bis es in der Schweiz so weit war, gab es auch hier Gerichtsverfahren gegen Google. So wurde die Klage des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeits­beauftragten im Jahr 2011 vom Bundesgericht gutgeheissen. Google hatte damals Gesichter und Autonummern im Internet veröffentlicht. Auch Menschen, die aus einem Gefängnis oder einem Spital kamen, waren erkennbar. «Seit dem Urteil muss Google in der Schweiz sicherstellen, dass Gesichter unkenntlich gemacht werden», sagt Lago und fügt an: «Gerade bei sensiblen Gebäuden wie Spitälern müssen erkennbare Merkmale von Menschen entfernt werden.» Das Urteil aus der Schweiz hatte weltweite Signalwirkung. Auch andere Länder erhöhten daraufhin den Druck auf Google. Unterdessen ist die automatische Verpixelung von Gesichtern und Kennzeichen bei Google Street View Standard.

SRF 4 News, 25.07.2025, 7:40 Uhr ; 

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