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Streit um Grönland Vom Witz zur Beziehungskrise

In einem Punkt hat der amerikanische Präsident nicht unrecht: Grönland ist für die USA hochinteressant. Wegen seiner geostrategischen Lage ebenso wie wegen seiner Rohstoffe. Bloss ist die Kaufofferte der falsche Weg, um dieses Interesse zu bekunden.

Trumps Vorstoss ist aus der Zeit gefallen

Früher wurden Territorien gekauft und verkauft, mitunter überaus billig verhökert. Riesige Ländereien in Afrika, ganze Inseln in der Karibik. Die USA selber haben Louisiana von den Franzosen und Alaska von den Russen gekauft. Die liechtensteinische Fürstenfamilie erwarb seinerzeit ihr Land käuflich.

Doch diese Zeiten sind vorbei – was Trump nicht bedacht hat oder ihm egal ist. Er liess sich auch nicht beraten von seinem Stab, seinen Ministern. Sie hätten ihn von seinem kuriosen Vorstoss abgeraten. Denn dieser wird nun, zumindest kurzfristig, dazu führen, dass man den USA und vor allem ihrem jetzigen Präsidenten in Dänemark und in Grönland nicht mehr traut. Was es schwieriger macht, dort amerikanische Interessen wahrzunehmen.

Rohstoffe und Machtansprüche

Doch um welche Interessen geht es? Zunächst um die Rohstoffe Erdöl und Erdgas. Von beiden werden reiche Vorräte in und um Grönland vermutet. Mit der Klimaerwärmung wird deren Ausbeutung möglich. Es geht vor allem aber auch um sogenannte «seltene Erden», um rare Rohstoffe, die für die Herstellung von Computern, Mobiltelefonen oder Elektroautos unverzichtbar sind. Wie fast alle Länder beziehen die USA diese seltenen Erden seit Jahren aus China. Damit bekam China ein Druckmittel in die Hand, das es nutzen könnte, wenn sich das Verhältnis zu Washington nicht bessert. Grönland böte also eine Alternative.

Es geht zugleich aber auch um Geostrategie, um Macht und Einfluss im arktischen Raum. Russland versteht sich seit langem als arktische Grossmacht und investiert massiv in seinen hohen Norden, auch militärisch. Auch Kanada schenkt der Arktis neuerdings mehr Beachtung. Selbst das tausende von Kilometern entfernte China beansprucht Einfluss in der Arktis, investiert in Anrainerstaaten, auch in Grönland. Und China betrachtet die Schifffahrtswege im Polarmeer wie selbstverständlich als Teil seiner «Belt-and-Road»-Initiative, also der «neuen Seidenstrasse».

Die USA hingegen vernachlässigen die Nordpolarregion seit Jahrzehnten sträflich. Militärisch können sie in dieser Weltgegend Russland nicht mehr das Wasser reichen. Ihre paar betagten Eisbrecher sorgen bloss noch für Spott. Washington ist also herausgefordert. Die USA besitzen zwar in Nordwestgrönland die wichtige Flugwaffen-, Marine- und Radarbasis Thule. Eine weitere Basis, deutlich südlicher, haben sie längst aufgegeben. Jetzt besteht offenbar das Bedürfnis, sich wieder stärker zu engagieren.

Grönland braucht Geld für die Unabhängigkeit

Dagegen spricht grundsätzlich nichts: Die USA könnten weitere Basen auf Grönland bauen und betreiben. Sie könnten sich auch wirtschaftlich weitaus stärker engagieren. Dagegen hätten die Grönländer nichts. Sie brauchen Geld, viel Geld, um ihren Traum von der vollen Unabhängigkeit zu realisieren. Zurzeit basiert ihr Staatshaushalt noch zu mehr als der Hälfte auf Zuwendungen aus Kopenhagen. Um diese zu ersetzen, wären US-Milliarden hochwillkommen.

Der nächste Anlauf der USA, mehr Einfluss in Grönland zu erringen, ist deshalb bloss eine Frage der Zeit. Nur müssten sie es dann richtig machen: weniger plump, weniger naiv, weniger brüskierend.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

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