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Streit um Kurden-Organisation Erdogan verzögert Beitritt Schwedens und Finnlands weiter

Schwedens neuer Premier hat Erdogan besucht. Dieser will mehr Zugeständnisse, bevor er der Nato-Erweiterung zustimmt.

Darum geht es: Schweden und Finnland wollen in die Nato. Die meisten Staaten des Verteidigungsbündnisses haben dem Beitritt bereits zugestimmt. Doch die Türkei stellt sich quer – mit der Begründung, dass Schweden und Finnland Akteure unterstützten, die für die Türkei Terrororganisationen sind. Es geht dabei um Organisationen von Kurdinnen und Kurden. Nun hat Schwedens neuer, rechter Ministerpräsident Ulf Kristersson den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan besucht und ein gewisses Entgegenkommen signalisiert.

Es ist noch viel Diskussion nötig, bis eine Lösung gefunden ist.
Autor: Bruno Kaufmann Nordeuropakorrespondent von SRF

Die Zugeständnisse: Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson hat sich grundsätzlich dazu bereit erklärt, die Türkei bei der Terrorbekämpfung zu unterstützen, ausserdem wurde das Waffenexportverbot aus Schweden in die Türkei bereits aufgehoben. Kristersson kündigte zudem an, mehr Handel mit der Türkei treiben zu wollen. Erdogan verlangt aber auch die Auslieferung von Dutzenden kurdischen Journalisten aus Schweden. Hier ist noch völlig unklar, wie die schwedische Regierung vorgehen will. Immerhin: Vom schwedischen Aussenminister hiess es zuletzt, die von der Türkei als Terroristen gebrandmarkte Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien sei eine «zweifelhafte Gruppierung».

YPG-Miliz in Nordsyrien

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Bewaffnete YPG-Kämpferinnen in Reih und Glied.
Legende: Reuters/Rodi Said

Die Kurdenmiliz YPG kämpft im Norden Syriens gegen islamistische Milizen – auch gegen solche, die von der Türkei untestützt werden. Die YPG wird von den USA seit Jahren mit Waffenlieferungen unterstützt und galt im Kampf gegen die Terroristen des sogenannten Islamischen Staats (IS) vor einigen Jahren quasi als Bodentruppen der USA. Auch bei der Evakuierung von Tausenden vom IS bedrohten Jesiden im August 2014 spielte die YPG eine Hauptrolle. Von der Türkei wird die Organisation als Brudermiliz der in der Türkei verbotenen Kurdenorganisation PKK angeschaut – und deshalb bekämpft. Allerdings wird die YPG, im Gegensatz zur PKK, beispielsweise von der EU oder den USA explizit nicht als Terrororganisation eingestuft.

Das tut Erdogan jetzt: Der türkische Präsident will trotz der schwedischen Zugeständnisse seinen Widerstand gegen einen Beitritt Schwedens noch nicht aufgeben. «Erdogan sagte, er erwarte mehr von Schweden», sagt SRF-Nordeuropakorrespondent Bruno Kaufmann. Der türkische Präsident wird denn auch Ende November nach Stockholm reisen, wo bei den Beratungen auch die finnische Regierung teilnehmen soll. Erdogan verwies vor den Medien zudem explizit auf die türkischen Wahlen im nächsten Juni. «Es könnte also sein, dass er bis Juli 2023 mit der Ratifizierung des Beitrittsabkommens von Schweden und Finnland mit der Nato zuwartet», glaubt Kaufmann.

Ungarn will zustimmen

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Die Türkei und Ungarn sind die letzten beiden Nato-Länder, die der Norderweiterung um Schweden und Finnland noch nicht zugestimmt haben. Ankara fordert etwa die Auslieferung von mehr als 70 Kurdinnen und Kurden von Schweden. Stockholm hatte sich zuletzt deutlich auf Ankara zubewegt, erstmals seit 2019 wieder den Export von Kriegsmaterial an das Nato-Mitglied bewilligt und eine Distanzierung von kurdischen Milizen in Syrien angekündigt. Von Ungarn wird erwartet, dass es der Nato-Norderweiterung um Schweden und Finnland ohne spezielle Bedingungen im Dezember zustimmen wird.

Die Reaktionen in Schweden: «Es gibt viel Kritik in Schweden», sagt Kaufmann zum Entgegenkommen der neuen Rechts-Regierung gegenüber Ankara. Die Türkei werde in Schweden nicht unbedingt als Demokratie wahrgenommen, zudem hätten in den letzten Jahren viele Kurden in Schweden Asyl erhalten. In Schweden werde aber vor allem befürchtet, dass man jetzt zum Preis eines Nato-Beitritts die eigenständige Aussenpolitik aufgebe.

Das sagt Finnland: Die finnische Regierung unterstützt die schwedischen Bemühungen um einen Dialog mit Ankara zwar, kritisiert aber das Entgegenkommen der schwedischen Regierung gegenüber Erdogan. Denn wie Schweden verfolge auch Finnland bei den Menschenrechten eine völlig andere Politik als die Türkei, sagt Kaufmann. So heisse es in Finnland etwa, man könne doch nicht die Demokratie infrage stellen, bloss, weil man der Nato beitreten wolle. «Da ist noch viel Diskussion nötig, bis eine Lösung gefunden ist», zeigt sich der Korrespondent überzeugt.

Echo der Zeit, 8.11.2022, 18:00 Uhr ; 

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