Streit um Universität Harvard - Betroffene Schweizer Austauschstudentin: «Ich war geschockt»
Donald Trump will ausländischen Studierenden den Zugang zu Harvard verbieten. Was bedeutet dies für Schweizer Studierende? Und wie sind die Reaktionen von Unis und Bund?
Die Ausgangslage: Die US-Regierung will die Aufnahme von ausländischen Studierenden an die Universität Harvard stoppen. Sie will der Elite-Uni die spezielle Zertifizierung für das Austauschprogramm entziehen. Als Grund nennt die US-Regierung, dass die Universität Gewalt und Antisemitismus fördere und auf ihrem Campus mit der chinesischen kommunistischen Partei zusammenarbeite. Eine Bundesrichterin hat dem Vorhaben der US-Regierung nun mit einer einstweiligen Verfügung vorläufig einen Riegel vorgeschoben.
Die Eskalationsspirale
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Die Massnahme ist Teil eines anhaltenden Konflikts zwischen der Regierung von Präsident Trump und den Hochschulen. Diesen wird eine linksliberale Ausrichtung vorgeworfen.
Harvard hat sich – im Gegensatz zu anderen Unis – den politischen Vorgaben zu Zulassungsverfahren, Diversitätsprogrammen und Personalentscheidungen widersetzt. Die Hochschule geht juristisch dagegen vor. Deshalb wurden ihr von der Regierung bereits Fördermittel in Milliardenhöhe gestrichen oder sie wurden eingefroren.
Stephan Bierling, Professor für transatlantische Beziehungen an der Universität Regensburg, nennt die jüngste Massnahme denn auch gegenüber SRF eine Racheaktion Trumps. «Trump ist getrieben von Rache», und da stünden die Universitäten, die bereits in dessen erster Amtszeit den Hauptwiderstand gegen ihn angeführt hatten, an erster Stelle. Besonders betroffen seien die Sozial- und Geisteswissenschaften. Tatsächlich seien diese Fakultäten immer mehr nach links abgedriftet und es gebe dort Antisemitismus, erklärt Bierling.
Problematisch sei auch, dass viele der Eliteuniversitäten immer mehr Spendengelder aus der arabischen Welt und China annähmen – und sich damit der Einflussnahme dieser Spender aussetzen würden. Und als drittes Problem sieht der USA-Experte darin, dass an den Elite-Unis nicht mehr das Leistungsprinzip gälte, sondern immer mehr die Kinder reicher Spender oder von Ehemaligen dort studierten.
Aus der Schweiz kamen zum selben Zeitpunkt 32 Personen.
Wobei die Zahlen in den letzten Jahren recht stabil blieb.
Schweizer Studierende vor Ort
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Zwischen der Hochschule St. Gallen (HSG) und Harvard bestünde kein Partnerschaftsabkommen im Bereich des Studentenaustauschs. Man unterhalte aber ein sogenanntes Freemover-Programm, das es den Studierenden ermögliche, Angebote der Harvard University zu nutzen. Im Frühjahrssemester 2025, das Ende Mai endet, haben demnach 7 Studierende der HSG das Freemover-Programm für einen Studienaufenthalt in Harvard genutzt. Für das Herbstsemester 2025 liegen aktuell 12 Anmeldungen für einen Freemover-Austausch vor, wie die HSG auf Anfrage von SRF News mitteilt.
Von der ETH Zürich wären aktuell 22 Studierende potenziell von den angepassten Visa-Bestimmungen betroffen. Zwei von ihnen planten, im Herbstsemester ein Austauschsemester in Harvard zu absolvieren. Weitere 20 Studierende befinden sich laut einer Mediensprecherin derzeit vor Ort oder stehen kurz vor dem Antritt eines selbstorganisierten Aufenthalts für eine Studienarbeit. Die ETH Zürich stehe in engem Kontakt mit den betroffenen Studierenden und begleitet deren individuelle Situation. «Was die neusten Entwicklungen in den USA und bezüglich Harvards für die einzelnen Studierenden und die ETH Zürich konkret bedeuten, können wir im Moment noch nicht abschätzen», lässt die ETH ausrichten.
Die Betroffene: Eigentlich wollte sie ab Oktober für sechs Monate in Harvard für ihre Masterarbeit forschen, erzählt die Studierende einer Zürcher Hochschule. Ihr Name soll hier nicht genannt sein. «Als ich durch eine Chatgruppe mit anderen Harvard-Studierenden aus dem deutschsprachigen Raum vom Stopp erfahren habe, war ich sehr geschockt. Zuerst dachte ich ‹das war's›. Jetzt warte ich einfach, wie sich die Situation entwickelt.» In der Chatgruppe herrsche grosse Aufruhr bei jenen, die bereits vor Ort seien oder in Kürze abreisen wollen. «Es herrscht grosse Unklarheit, ob sie arbeiten oder einreisen dürfen.» Von offizieller Seite habe sie noch keine Informationen erhalten. Die junge Frau hofft, dass sie im Oktober doch noch einreisen kann, denn die Forschung auf ihrem Gebiet sei in den USA weiter. «Ausserdem ist ein Auslandaufenthalt eine Bereicherung.»
Legende:
«Mir bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten», sagt die Studierende einer Zürcher Hochschule, die im Herbst für Forschungen nach Harvard reisen will.
SRF
Die Schweizer Unis: Die Eidgenössische Technische Hochschule äussert sich als einzige der angefragten Deutschschweizer Hochschulen zur Massnahme. «Die ETH Zürich verfolgt die jüngsten Entwicklungen in den USA mit wachsender Besorgnis.» Internationaler Austausch sei ein entscheidender Faktor für die Innovationskraft der Wissenschaft. «Die internationale Mobilität von Studierenden und Forschenden ist zudem ausschlaggebend für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz», schreibt die ETH.
Legende:
Beliebtes Souvenir von einem Aufenthalt an der Eliteuniversität: Tassen mit Harvard-Logo.
REUTERS/Brian Snyder
Der Bund: Vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) heisst es auf Anfrage: «Wir nehmen nicht Stellung zur Hochschulpolitik anderer Länder. Für unsere Hochschulen sowie den Bund und die Kantone als Hochschulträger sind internationale Mobilität von Studierenden und Forschenden für den wissenschaftlichen Austausch und die Innovationskraft von grosser Bedeutung.» Die Schweiz setze sich deshalb für Mobilität und einen konstruktiven Dialog mit internationalen Partnern ein.
Kritik aus China und Deutschland
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Anders als die Schweizer Regierung hat die deutsche Regierung den Aufnahmestopp für ausländische Studenten an der Harvard Universität kritisiert. Freiheit der Wissenschaft und internationaler Austausch seien entscheidende Grundlagen für den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt, sagte ein Sprecher von Bundeskanzler Friedrich Merz. «Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit sind Einschränkungen der Demokratie selbst.» Derzeit befinden sich laut Angaben der Eliteuniversität 156 deutsche Studierende in Harvard.
Zuvor gab es schon Reaktionen aus China: Man werde die legitimen Rechte und Interessen der chinesischen Studierenden wahren. Die Bildungszusammenarbeit zwischen China und den USA sei für beide Seiten von Vorteil, so eine Sprecherin des Aussenministeriums in Peking. (Agenturen)
Die Zukunft: Harvard ging in dieser Sache juristisch gegen die US-Regierung vor. Die Universität hat eine Klage vor einem Bundesgericht eingereicht. Darin wirft sie Trumps Regierung vor, die Hochschule mit einer rechtswidrigen Vergeltungsmassnahme unter Druck setzen zu wollen. In einer Stellungnahme hält Harvard zudem fest, dass sie bestrebt sei, «weiterhin internationale Studierende und Wissenschaftler aus über 140 Ländern aufzunehmen und die Universität und das Land zu bereichern.» Eine Richterin hat Harvard am Freitagabend Schweizer Zeit recht gegeben und das Vorhaben der US-Regierung vorerst gestoppt.
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