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Brücken-Einsturz in Genua: Viele offene Fragen
Aus Rendez-vous vom 15.08.2018. Bild: Keystone
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Strenge Regeln ohne Durchblick Der Kampf gegen die Korruption ist in Italien überreguliert

Es gibt in Italien viele Dekrete und Gesetze. Doch sie bringen nichts, wenn das ganze System nicht funktioniert.

Italien ist das Land nicht nur der grossen Baudenkmäler der Vergangenheit, sondern hat weltberühmte Architekten und Ingenieure auch heute. Doch im eigenen Lande stossen auch sie permanent auf Schwierigkeiten.

Und die Alltagsarbeit der vielen weniger bekannten Ingenieure und Techniker, die sich mit dem Unterhalt und der Erneuerung der Infrastrukturen beschäftigen, wird durch einen unglaublichen Wust von Auflagen behindert. Der Grund dafür ist die Kontrollwut, die die Verwaltung hat. Es ist eine Regeldichte, die rasche Sanierungen und zügiges Bauen verunmöglicht.

Ein beredtes Beispiel dafür sind die Arbeiten nach Erdbeben, wie zum Beispiel im Zentrum Italiens nach dem Beben vor zwei Jahren. Die Arbeiten schleppen sich langsam dahin. Aber die Verwaltung hat eine Entschuldigung; sie muss eine Masse von immer neuen Gesetzen und Dekreten befolgen.

Bauunternehmer stehen unter Generalverdacht

Der Kampf gegen den Krebs der Korruption hat sich in den Regulierungen niedergeschlagen. Jeder Bauunternehmer und jeder Ingenieur steht unter Generalverdacht. Alle müssen beweisen, dass sie sauber sind. In einigen Gegenden, wo es neben der etablierten Mafia eine weit grössere Beziehungs- und Klientelmafia gibt, fällt das nicht leicht. Und skrupellose Politiker und Beamte auf Bereicherungstrip machen die Aufgabe nochmals schwieriger.

Deshalb bleiben Arbeiten, die eigentlich erledigt werden müssten, auf der Strecke. Italien müsste das Wassernetz endlich sanieren. Im Schnitt gehen in ganz Italien durch löchrige Röhren 30 Prozent des Wassers verloren, in einigen Gegenden versickern gar 60 Prozent. Auch müsste es bestehende Kanalisationen abdichten oder neue Städteviertel mit ihnen ausrüsten und dafür sorgen, dass die Meeresstrände sauber sind. Man müsste Löcher in den Strassen auffüllen oder neue Eisenbahnlinien für den Nahverkehr bauen. All das fehlt im Belpaese.

Gewiss fehlt es auch an den nötigen Kontrollen an Grossprojekten, wie eben Brücken. Auf dem Papier bestehen die Kontrollen überall, aber wie seriös sie durchgeführt werden, ist eine andere Frage. Italien hat in den letzten Jahren auch unter den Sparauflagen aus Brüssel gelitten. Selbst Gemeinden, die haushälterisch mit ihrem Geld umgingen und Reserven hatten, durften diese nicht einsetzen, weil sich solche Ausgaben im Budget als neuer Schuldenfaktor niedergeschlagen hätten.

Kein funktionierendes System

Die grosse Verschuldung Italiens ist ein Faktor, der sich negativ auf den Unterhalt und den Bau von neuen Infrastrukturen ausgewirkt hat. Aber sie ist nur ein Teil des Problems. Der wichtigere ist, dass es ein funktionierendes System – in dem das, was gemacht werden muss, auch gemacht wird – nicht gibt.

Es gibt einige Regionen in Italien, vor allem die reicheren im Norden, die besser funktionieren. Sie sind vergleichbar mit entwickelten Staaten Europas.

Doch der Katastrophenfall Genua, das laut Präsident Sergio Mattarella absurde Desaster, das die schöne und gewiss nicht ineffiziente Region Ligurien heimgesucht hat, zeigt: Mit Verallgemeinerungen muss man vorsichtig sein.

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