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Streubomben-Bericht 2022 Hunderte zivile Tote durch russische Streumunition in der Ukraine

Russland setzt in der Ukraine fast täglich international geächtete Cluster-Munition ein. So der neue Streubombenbericht.

Streubomben sind äusserst wirksam. Eine Streubombe teilt sich auf in eine Vielzahl von Minibomben, die dann auf einer Fläche von mehreren Fussballfeldern explodieren. Mit dieser Waffengattung werden also nicht eng definierte militärische Ziele angegriffen, vielmehr fallen ihnen hauptsächlich Zivilpersonen zum Opfer.

Viele der Minibomben sind zudem Blindgänger. Sie detonieren erst Jahre später und töten dabei etwa spielende Kinder. Weil die Kollateralschäden von Streubomben derart hoch sind, gelten sie nach humanitärem Kriegsvölkerrecht als illegal. Ein internationales Abkommen von 2008 verbietet sie. Ihm angeschlossen haben sich inzwischen 110 Länder.

Das Abkommen gilt als Erfolg: Im letzten Berichtsjahr bis Ende Juni 2022 setzte kein einziger Vertragsstaat mehr Streubomben ein. Riesige Bestände wurden vernichtet. «Doch diesen Erfolg überschattet nun das russische Vorgehen im Ukraine-Krieg», beklagt Mary Wareham von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Hunderte Fälle dokumentiert

Russland, das sich dem internationalen Streubombenverbot verweigert, setzte in enormem Umfang, in hunderten von dokumentierten Fällen, in seinem Feldzug gegen die Ukraine Streubomben. Praktisch Tag für Tag.

«Auch gegen ukrainische Wohnhäuser, Spitäler und Schulen», ergänzt Robin Geiss, Direktor des Uno-Instituts für Abrüstungsforschung. Der Streubombenbericht spricht von gegen 850 Toten und Verletzten, grossmehrheitlich Zivilpersonen.

Streumbombe.
Legende: Cluster-Munition in der Ortschaft Slatino am 11. Mai 2022. Am Vortag gaben die ukrainischen Behörden die Rückeroberung mehrere Dörfer nordöstlich der Region Charkiw von den Russen bekannt. Keystone/EPA/Maria Senovilla

In weit geringerem Ausmass, aber dennoch in mindestens drei nachgewiesenen Fällen, setzte auch die Ukraine Streubomben ein. Sie gehört dem Streubombenverbot ebenfalls nicht an.

Streumunition – im Grunde eine Terrorwaffe

Russland verstiess bereits früher gegen das Verbotsabkommen, im Georgienkrieg 2008. Damals hat Moskau den Streubombeneinsatz dementiert, wohl wissend, dass es sich um eine geächtete Waffengattung handelt. Inzwischen steht man zur Nutzung von Streumunition und behauptet gar, es handle sich um eine legale Waffe. Problematisch sei sie nur, wenn sie unverantwortlich eingesetzt werde. Russland stellt weiterhin Streubomben her.

Aus Sicht der UNO, von humanitären und von Menschenrechtsorganisationen sind Streubombenabschüsse indes aufs Schärfste zu verurteilen, betont Mary Wareham. Offenkundig sind sie im Grunde eine Terrorwaffe zur Verängstigung der Zivilbevölkerung.

Tagesschau, 25.08.2022, 19:30 Uhr

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