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Sturm auf das Kapitol Das hat die Untersuchungskommission gegen Trump in der Hand

Diese Woche haben die Anhörungen einer Untersuchungskommission zum Sturm auf das Capitol ergeben: Ex-Präsident Trump plante einen Coup, um an der Macht zu bleiben – der Sturm aufs Kapitol war nur ein Teil dieses Plans. So will die Untersuchungskommission nun Trump des versuchten Putsches überführen.

Der vorläufige Befund der Untersuchungskommission in den letzten zwei Wochen lässt sich so zusammenfassen: Ex-Präsident Donald Trump klammerte sich mit allen Mitteln an die Macht. Er schreckte dabei weder davor zurück, zur Gewalt anzustiften, noch vor Lügen und massivem Druck auf die Behörden. SRF-Wirtschaftsredaktor Jan Baumann in Washington hat die Anhörungen der letzten zwei Wochen mitverfolgt und ordnet diese ein.

Klare Beweise erforderlich

Um Ex-Präsident Trump juristisch des Putschversuchs zu überführen, bräuchte es Beweise, die zweifelsfrei kriminelle Handlungen belegen, erklärt Baumann. Etwa eine Verschwörung gegen die USA oder die versuchte Wahlfälschung.

«Zusätzlich muss die Justiz konkret gegen Donald Trump vorgehen, gegen ihn persönlich und gegen seine mutmasslichen Komplizen. Diesen also den Prozess machen.» Doch so weit sei es noch nicht. «Immerhin, es laufen diverse Untersuchungen nun auch vonseiten des Justizministeriums. Und diese Nachforschungen werden auch laufend ausgeweitet.»

Das hat die Untersuchungskommission festgestellt

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Die Untersuchungskommission hält fest, dass Trump beabsichtigt habe, mit faulen Tricks Präsident zu bleiben. Er habe etwa versucht, das Justizministerium einzuspannen. Es sollte die Wahl diskreditieren und einzelne US-Bundesstaaten dazu bewegen, gefälschte Wahlzettel nach Washington zu senden. Laut einem Spitzenbeamten des Justizministeriums soll Trump gesagt haben: «Was ich von Ihnen möchte, ist: sagen Sie, die Wahl war korrupt. Den Rest überlassen Sie mir und den republikanischen Abgeordneten.»

Aber das Justizministerium ging nicht auf Trumps Forderungen ein. Und so gelang schliesslich doch die geordnete Machtübergabe. Trotz aller missbräuchlichen Druckversuche und Winkelzüge – und trotz des wütenden Mobs, der am 6. Januar das Kapitol stürmte. Nun müssen weitere Anhörungen der Untersuchungskommission sowie die laufenden Nachforschungen der Justizbehörden zeigen, ob man Trump und seine Entourage juristisch des versuchten Putsches überführen kann.

Interessant sei in diesem Zusammenhang, was Justizminister Merrick Garland über die Anhörungen sagt – nämlich, er und seine Leute würden sehr genau beobachten, was da passiere. Sein Ministerium habe zudem die parlamentarische Untersuchungskommission auch darum gebeten, belastendes Material weiterzuleiten an die Justiz. «Da tut sich also einiges», sagt Baumann.

Trumps Skrupellosigkeit, um Wahlergebnis zu manipulieren

Auf die Frage, welche Schlüsselaussagen aus den Anhörungen eine Anklage wahrscheinlicher machen, sagt Baumann: «Ich denke, am brisantesten sind die Details zu den Druckversuchen auf einzelne Gliedstaaten, auf den Staat Georgia zum Beispiel und auf die damalige Führung des Justizministeriums. Da ging es vereinfacht gesagt darum, ein rechtmässiges Wahlergebnis kurz vor der endgültigen Zertifizierung umzustossen.»

An den Hearings seien dazu zwar keine völlig neuen Fakten aufgetaucht, aber wenn man sehe, wie skrupellos Trump und seine Anwälte offenbar versucht haben, das Wahlergebnis zu manipulieren, dann stelle sich schon die Frage: Genügt das nicht schon, um Trump den Prozess zu machen? Unter den Kommentatoren und Expertinnen gehen da die Meinungen allerdings auseinander.

«Die Sache ist zudem auch politisch heikel, denn zum Teil waren einzelne Spitzenleute des Justizministeriums in die mutmasslichen Machenschaften involviert. Das Ministerium muss nun also, zugespitzt formuliert, auch gegen sich selbst ermitteln. Das wirft natürlich auch die Frage nach der politischen Unabhängigkeit der Justizbehörden auf.»

Anhörungen werden Wahlkampf kaum beeinflussen

Ob die Anhörungen den Wahlkampf für die kommenden Kongresswahlen beeinflussen könnten, da scheiden sich laut Baumann die Geister. «Man muss sehen, dass viele Republikanerinnen und Republikaner diese Anhörungen als Schauprozess abtun, als politisches Theater. Klar ist damit: Die republikanischen Wählerinnen und Wähler lassen sich durch diese Hearings wohl kaum umstimmen.»

Echo der Zeit, 26.6.2022, 18:00 Uhr ; 

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