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Sturm auf das Kapitol US-Parlamentskommission: Trump hatte einen Putsch im Sinn

Nach monatelangen Untersuchungen hat in der Nacht die erste Anhörung mit belastendem Material gegen Donald Trump, den Ex-Präsidenten der USA, stattgefunden.

US-Präsident Donald Trump selber war der Drahtzieher des Sturms aufs Kapitol vom 6. Januar 2021. Die Parlamentskommission, die das beweisen will, hat in der Nacht auf heute nach monatelangen Recherchen die erste einer ganzen Reihe von Anhörungen durchgeführt und neues Material präsentiert, das Trump beschuldigt. Die grosse Frage ist indes: Hat das Konsequenzen für Trump?

An der Spitze der Kommission steht der demokratische Abgeordnete Bennie Thompson. Er machte gleich eingangs klar: «Donald Trump stand im Zentrum des Sturms gewalttätiger Demonstranten auf das US-Kapitol. Statt sie zu bremsen, hat er sie ermutigt und ihnen nachträglich noch seinen Respekt ausgedrückt.» Thompson sprach vom Höhepunkt eines Putschversuchs.

Kaum Republikaner öffentlich gegen Trump

Die Beweise und Belege für diesen düstersten Moment in der jüngsten amerikanischen Geschichte, als die US-Demokratie tatsächlich am Abgrund stand, präsentierte dann die Republikanerin Liz Cheney. Sie ist eine von bloss zwei Abgeordneten aus ihrer Partei, die es wagen, in der Kommission mitzuarbeiten und damit gegen Donald Trump zu ermitteln.

Einschätzung: Wird Trump angeklagt?

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«Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass es zu einer Anklage gegen Donald Trump kommt. Es gibt ja schon Strafklagen gegen Angehörige von zwei rechtsextremen Gruppen, die direkt am Sturm auf das Kapitol beteiligt waren. Dass man die Rolle von Trump und Co. als Drahtzieher hinter dem Putsch tatsächlich beweisen kann, und zwar so, dass es für einen Sieg in einem Strafverfahren reicht, ist viel schwieriger. Man müsste schon fast Bilder finden, die Trump mit dem sprichwörtlich rauchenden Colt zeigen. Und deshalb zögert das Justizministerium und Justizminister Merrick Garland, eine solche Klage anzustrengen.»

(Fredy Gsteiger SRF)

«Präsident Trump hat die Flamme dieses Angriffs auf das Kapitol angezündet», sagt Cheney: «Es war keine zufällige Demonstration, die in Gewalt ausgeartet ist. Nein, dahinter steckte, wie wir aus Geheimdienstinformationen wissen, ein Plan.»

Screen mit Ivanka im Saal voller Menschen.
Legende: Videomaterial von Trumps Tochter Ivanka zur Rechtmässigkeit von Joe Bidens Wahl zum US-Präsidenten. Keystone

Zeugenaussagen, darunter von Trumps Justizminister William Barr, machen deutlich: Alle im Weissen Haus und in der Regierung wussten sehr wohl, dass die Wahl von Joe Biden zum Präsidenten rechtmässig verlaufen war. Selbst Trumps Tochter Ivanka räumt in einer in der Anhörung präsentierten Aussage ein: «Barrs Einschätzung hat mich überzeugt. Ich respektiere (den damaligen) Justizminister Barr.»

Erschütternde Beweise blieben bislang aus

Liz Cheney meinte darauf: «Noch jeder US-Präsident hat das Wahlergebnis akzeptiert und einen friedlichen Machtwechsel ermöglicht. Bis auf diesen einen.» Zwar konnte die Kommission nicht, wie zuvor angekündigt, eine, ja gar mehrere Bomben platzen lassen.

Doch das bereits in der ersten Anhörung vorgelegte Material ist in seiner Gesamtheit erschütternd, obschon einzelne Elemente schon bekannt waren. Entscheidend wird nun erstens sein: Reichen das Belastungsmaterial und die Zeugenaussagen insgesamt für Anklagen gegen Trump und seine engsten Getreuen?

Bisher angeklagt wurden nämlich nur Mitglieder von zwei rechtsextremen Gruppen, die unmittelbar beim Sturm aufs Kapitol mitmachten. Und zweitens: Werden sich auch jene zig Millionen Republikaner überzeugen lassen, die immer noch Trumps Mär von der gestohlenen Wahl glauben oder glauben wollen?

HeuteMorgen, 10.06.2022, 06:00 Uhr

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