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Syrien, Jemen, Kongo Das Blutvergiessen im Schatten des Ukraine-Kriegs

Vertreibungen, Massaker, humanitäres Elend: Unsere Korrespondenten berichten über Konflikte, die vom Radar der Weltöffentlichkeit verschwunden sind.

Seit bald einem Jahr dominiert der Krieg in Europa die Schlagzeilen. Doch nicht nur in der Ukraine bekriegen sich Streitkräfte und Milizen, werden Städte und Dörfer belagert, Menschen vertrieben und getötet.

Zerstörung in der syrischen Provinz Idlib, Januar 2023.
Legende: In allen Weltregionen gibt es derzeit Konfliktherde. Manche schwelen und flammen lokal wieder auf; andere drohen jederzeit zu eskalieren und sich zu einem Flächenbrand auszuweiten. Bild: Zerstörung in der syrischen Provinz Idlib. Getty Images/Esra Hacioglu Karakaya

Sebastian Ramspeck, Internationaler Korrespondent von SRF, beobachtet eine Spaltung in der Welt, wenn es um die Wahrnehmung von Konflikten geht: auf der einen Seite die USA und Westeuropa. «Bei ihnen liegt die ganze Aufmerksamkeit auf dem Ukraine-Krieg und der Konfrontation mit Russland.»

Dem steht eine ganz andere Sicht der Dinge gegenüber, die Ramspeck etwa in Gesprächen mit Diplomatinnen und Diplomaten bei der UNO erfährt. «Von offiziellen Vertretern aus Asien, Lateinamerika oder Afrika hört man: Der Ukraine-Krieg mag schlimm sein – aber er ist nur einer von vielen Kriegen in der Welt. Für uns ist er nicht wichtiger als der Konflikt vor unserer Haustür.»

Syrien: Humanitäres Elend in Assads Reich

Susanne Brunner, ehemalige Nahost-Korrespondentin von SRF: «Es gibt immer noch Krieg in Syrien, verschiedene Nationen sind nach wie vor involviert. Es ist nicht mehr so wie vor einigen Jahren – aber die Situation ist angespannt. Der Krieg ist bei Weitem noch nicht zu Ende. Machthaber Assad hat noch nicht die Kontrolle über das ganze Land erlangt; die Situation der Bevölkerung ist entsprechend schlecht. Viele der teils mehrfach innerhalb des Landes vertriebenen Menschen leben unter prekären Bedingungen im Nordwesten Syriens. »

Flüchtlingslager in der Provinz Idlib, Dezember 2022
Legende: Nach Schätzungen sind in zehn Jahren Krieg in Syrien über eine halbe Million Menschen umgekommen. Zwölf Millionen sind auf der Flucht, rund die Hälfte davon wurden in Syrien selbst vertrieben. Getty Image/Izzeddin Kasim

«Syrien unterliegt Sanktionen des Westens. Da Assad weiter an der Macht ist, wird der Wiederaufbau vonseiten der USA und der EU nicht unterstützt, damit das Geld nicht in die falschen Hände kommt. In Teilen des Landes gibt es kaum Strom, dazu sind die Preise für Lebensmittel und Energie im Land stark gestiegen – das sind auch Folgen des Ukraine-Kriegs.»

Zerbombte Stadt in der Provinz Idlib (Januar 2023)
Legende: In Syrien sind Hilfswerke seit vielen Jahren tätig und versuchen das humanitäre Elend zu lindern. Schon lange kämpfen sie um finanzielle Mittel. Der Ukraine-Krieg erschwert ihre Situation weiter. Bild: Zerbombte Stadt in der Provinz Idlib. Getty Images/Esra Hacioglu Karakaya

Jemen: Hoffnungsschimmer nach saudischem Debakel

Philipp Scholkmann, ehemaliger Nahost-Korrespondent von SRF: «Holzschnittartig betrachtet stehen sich im Jemen zwei grosse Lager gegenüber. Die Huthi-Rebellen marschierten vor acht Jahren auf die Hauptstadt Sanaa und rissen die Macht an sich. Das Regierungslager besteht aus Leuten, die aus der Hauptstadt vertrieben wurden. Saudi-Arabien unterstützt die Regierungsseite mit einem milliardenschweren Kriegseffort. Aus dem Versprechen Riads, die Regierung innert Wochen zurück an die Macht zu bomben, wurden Jahre. Noch immer kontrollieren die Rebellen die Hauptstadt und grosse Teile des Landes.»

Unterernährtes Kind in Spital im Jemen
Legende: Seit Beginn des Konflikts wurden nach UNO-Angaben bereits rund 380’000 Menschen getötet. Die UNO stuft den Krieg und seine Folgen im Jemen als weltweit schlimmste humanitäre Krise ein. Keystone/EPA/Yahya Arhab

«In jüngster Zeit hat sich der Konflikt mit seiner tragischen Geschichte zum Positiven verändert. Es gibt Hoffnungsschimmer. Seit Frühjahr 2022 gibt es eine inzwischen zwar nicht mehr offizielle Waffenruhe; aber es wird deutlich weniger gekämpft und getötet. Das ist an sich eine sehr gute Nachricht für die notleidenden Menschen. Der Grund dafür ist vor allem, dass Saudi-Arabien irgendeinen gesichtswahrenden Ausstieg aus der Zerstörung sucht, aus diesem Debakel, zu dem seine Militärintervention geworden ist.»

Huthi-Rebellen in Sanaa.
Legende: Scholkmann fürchtet, dass der Ukraine-Krieg die unzähligen notleidenden Menschen weiter aus dem Fokus der Öffentlichkeit rückt. Im Bild: Huthi-Rebellen in Sanaa. Keystone/AP/Hani Mohammed

Kongo: Massaker und Massenflucht

Bettina Rühl, freie Journalistin in Afrika: «Der Konflikt im Kongo schwelt seit Jahrzehnten und kocht jetzt wieder hoch, es besteht die Gefahr eines regionalen Konflikts zwischen dem Kongo und Ruanda. Der Konflikt ist alt und kompliziert – doch er hat gewaltige Dimensionen. Allein in einer der Unruheprovinzen, Nord-Kivu, sind mehr als zwei Millionen Binnenvertriebene auf der Flucht. Es gibt viele schwere Massaker. Angesichts dessen ist die Aufmerksamkeit für den Kongo gering.»

Grenze zwischen Ruanda und Kongo im Sommer 2022.
Legende: Das Verhältnis der Nachbarstaaten Ruanda und Kongo ist derzeit höchst angespannt: Ruanda soll Rebellen unterstützen, welche gegen die Regierung im Kongo kämpfen. Inmitten dieser Verwerfungen schoss das ruandische Militär am Mittwoch auf einen kongolesischen Kampfjet. Getty Images/Alain Wandimoy

«Mit Blick auf den Konflikt zwischen Kongo und Ruanda hat die ostafrikanische Staatengemeinschaft eine Vermittlerrolle übernommen und eine regionale Eingreiftruppe entsandt. Die Aufmerksamkeit des Westens ist auf den Krieg in Europa fokussiert. Die regionalen Staaten springen dankenswerterweise in die Lücke, die die internationale Gemeinschaft hinterlässt. Die Lage ist aber sehr kompliziert und es würde überraschen, wenn kurz- oder mittelfristig eine Lösung gefunden würde.»

Kongolesische Regierungssoldaten in Nord-Kivu (Frühling 2021)
Legende: Der Osten der Demokratischen Republik Kongo gehört zu den gefährlichsten Regionen weltweit. Nach Angaben der USA sollen dort etwa 130 unterschiedliche bewaffnete Gruppen aktiv sein. Bild: Kongolesische Regierungssoldaten in Nord-Kivu. Getty Images/Brent Stirton/Getty Images

SRF 4 News, 26.01.2023, 17:15 Uhr ; 

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