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Syrienpolitik der EU «Für eine politische Lösung gibt es keine Partner»

Deutliche Worte des EU-Parlamentariers Elmar Brok nach dem jüngsten Angriff in Syrien: Die Strategie, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen, sei endgültig gescheitert.

Elmar Brok

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Elmar Brok
Legende: Imago

Der deutsche CDU-Politiker ist der Vorsitzende des

Aussenausschusses im Europaparlament und damit einer der einflussreichsten EU-Parlamentarier.

SRF News: Bei einem Luftangriff – vermutlich mit Giftgas – starben gestern über 50 Menschen. Wie beeinflusst der Angriff die Syrienstrategie der EU?

Elmar Brok: Wir müssen uns darauf einstellen, das Land wieder aufzubauen, wenn Frieden eingekehrt ist. In manchen Gebieten, in denen das Regime und der «Islamische Staat» nichts mehr zu sagen haben, ist dies inzwischen auch schon möglich. Aber die bisherige Strategie, alle an einen Tisch zu bringen, ist damit endgültig gescheitert. Eigentlich ist sie schon im letzten Spätherbst gescheitert, als Russland und das Assad-Regime gemeinsam Aleppo bombardierten. Seitdem haben keine richtigen Gespräche mehr stattgefunden. Eine Lösung mit allen Beteiligten zu finden, scheint nicht mehr möglich zu sein, da Assad mit allem, was er hat, bombt und mordet, und Russland ihm aus machtpolitischen Gründen die Stange hält.

Darum geht es

  • Heute treffen sich in Brüssel Vertreter aus 70 Staaten – vorwiegend aus EU-Ländern. Sie wollen über humanitäre Hilfe für Syrien und den Wiederaufbau diskutieren.
  • Die Konferenz wird von einem mutmasslichen Giftgasangriff mit über 50 Toten in Syrien überschattet. Die UNO will den Vorfall genau untersuchen.

Das klingt nach Resignation. Die EU sagt aber offiziell nach wie vor, dass eine politische Lösung angestrebt werde. Ist das nicht ein Widerspruch?

Für eine politische Lösung gibt es keine Partner. Wenn wir feststellen, dass keine Gespräche stattfinden, und dass Moskau und Assad offensichtlich solche Morde mit Giftgas verantworten, dann wird es schwierig bis unmöglich. Es ist so, dass Moskau sagen muss, «jetzt ist Schluss, wir setzen uns an einen Tisch, jetzt wird mit der Opposition geredet und auf eine friedliche Lösung hingearbeitet». Dies wird von den Russen aber, nach dem sie die Gespräche zu Beginn unterstützten, mittlerweile hintertrieben. Deswegen muss man auf Assad schauen, aber genauso auf Moskau und Teheran, die diese Angriffe zu verantworten haben. Sie sollen ihre Verbündeten von weiteren Angriffen abhalten und damit endlich Frieden ermöglichen.

Wenn wir feststellen, dass Moskau und Assad solche Morde mit Giftgas verantworten, wird es schwierig.

Deutschland, Frankreich und Österreich plädieren für einen Einbezug Assads in die Friedensverhandlungen. Kann dieser eigentlich machen, was er will, und dennoch Verhandlungspartner bleiben?

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Man muss Verhandlungen führen, um Frieden zu erreichen. Dazu ist auch der Einbezug des Assad-Regimes notwendig. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Assad, wenn er im Amt bleibt, auf Dauer Teil der Lösung sein kann. Er kämpft um sein politisches Überleben, um sein eigenes Überleben, und er ist bereit, alles zu unternehmen, um dies entsprechend umzusetzen. Deswegen bin ich ungeheuer pessimistisch, was rasche Verhandlungen angeht. Das geht nur, wenn Moskau seine Strategie ändert und Assad sagt, er solle verhandeln. Wenn er das nicht tut, wird das Morden weitergehen.

Wie kann jemand ein Teil der Lösung sein, wenn er seine eigenen Bürger vergast?

Assad verweigert seit sechs Jahren seinen Rücktritt. Glaubt die EU, glauben Sie, dass er zum Abschluss der Verhandlungen freiwillig zurücktreten wird?

Es sieht nicht danach aus. Es gab ja einst Anlass, zu vermuten, dass er am Ende dieses Prozesses selbst nicht mehr da sein wird, und die syrische Bevölkerung selbst über ihre Zukunft entscheiden kann. Ich habe aber den Eindruck, dass Assad alle Brücken hinter sich abreisst. Denn wie will jemand an einem Konzept mitarbeiten und ein Teil der Lösung sein, wenn er die eigenen Bürger vergast? Es ist offensichtlich, dass er selbst gar nicht mehr damit rechnet, eine Gesamtlösung für das Land zu finden – oder dass er nur noch versucht, mit Hilfe Moskaus, Irans und der Hisbollah, gewaltsam eine Lösung zu erreichen.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

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