Pawel Durow, Gründer und Chef von Telegram, einer der grössten Social-Media-Plattformen der Welt, sitzt aktuell in Frankreich in Haft. Der Messenger gilt vielen als Hort der Meinungsfreiheit – und zugleich als «Darknet im Taschenformat». Durows Verhaftung wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie kann der Kriminalität im digitalen Untergrund begegnet werden – und viel Freiheit erträgt die freie Welt? Antworten von Digitalexperte Jean-Claude Frick.
SRF News: Was bringt die Verhaftung von Pawel Durow im Kampf gegen Kriminalität im Netz?
Jean-Claude Frick: Es ist ein Zeichen an die grossen Plattformbetreiber, dass sie nicht schalten und walten können, wie sie wollen. Es ist auch ein Zeichen an andere Plattformen wie X, Instagram und Co., dass man – wenn es sein muss – gegen die Chefs vorgeht. Fürs Erste hat das aber auf die Inhalte, die auf Telegram gepostet werden, wohl keinen Einfluss.
Was bedeutet es für Telegram, wenn der Chef weg ist?
Das ist eine Einschränkung. Man sagt, dass das Team hinter Telegram relativ klein ist und dass alle Fäden bei Durow zusammenlaufen. Im operativen Bereich ist das sicherlich eine kleine Behinderung.
Welches Zeichen sendet die Verhaftung an andere Social-Media-Plattformen?
Im Moment handelt es sich um ein Vorgehen der französischen Justiz gegen Telegram, in diesem Fall gegen den Chef des Messengerdienstes. Die ganze Angelegenheit hat noch nichts mit der Europäischen Union zu tun. Aber auch die EU hat schon Untersuchungen gegen Telegram eingeleitet. Vor diesem Hintergrund ist es ein Zeichen an alle Social-Media-Plattformen: «Wir meinen es ernst mit den Gesetzen und Regulierungen im Kampf gegen Kriminalität im Netz.»
Die dunklen Seiten des Internets sind quasi in einem schicken Messenger verpackt.
In welchem Ausmass ermöglicht Telegram terroristische Radikalisierung und Straftaten?
In diesen Telegram-Gruppen läuft extrem viel. Es wird auch mit Waffen gehandelt und kinderpornografisches Material geteilt. Die Ermittlungsbehörden haben eine relativ klare Übersicht über gewisse Fälle. Wie gross angelegt das Ganze ist, ist schwierig zu sagen. Telegram wird von vielen als eine Art Darknet im Taschenformat bezeichnet. Die dunklen Seiten des Internets sind quasi in einem schicken Messenger verpackt.
Wie sehen die Regulierungen in der EU aus?
Es ist ein ganzes Massnahmenpaket. Im Prinzip kann man sagen: Alles, was im normalen Leben illegal ist, ist auch im digitalen Leben illegal. Die Plattformen sind einerseits verpflichtet, kriminelle Inhalte zu löschen, wenn sie davon Kenntnis haben und andererseits sind sie dazu verpflichtet mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten.
Das Gespräch führte Susanne Stöckl.
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