In der bretonischen Küstenstadt Lorient weht ständig ein frischer Wind vom Meer. Für frischen Wind sorgte auch Stadtrat Bruno Blanchard im Verkehrsdepartement. Seine Mission: auf dem ganzen Stadtgebiet Höchstgeschwindigkeit 30. «Es ist ein Modell für die Verkehrspolitik der Zukunft», sagt Bruno Blanchard.
Wir hatten so viele Verkehrstote, dass wir umdenken mussten.
Lorient war im Zweiten Weltkrieg einer der wichtigsten U-Boot-Stützpunkte der deutschen Kriegsmarine. Die Stadt wurde im Krieg dem Erdboden gleichgemacht. Beim Wiederaufbau setzte die Stadtregierung auf breite Strassen und Alleen.
Freie Fahrt für die Autos hiess für lange Zeit die Devise. «Wir hatten so viele Verkehrstote, dass wir umdenken mussten», sagt Blanchard. Das war der Beginn der Tempo-30-Politik. Heute gilt die Stadt als eine der sichersten Frankreichs.
Die Bevölkerung steht geschlossen hinter diesem Konzept. «Es ging rasch, bis sich die Bevölkerung daran gewöhnte», sagt Verkehrspolizist Mickael Seignard, «so wie beim Tragen der Sicherheitsgurte oder beim Rauchverbot im Restaurant.»
Schmale Strassen, dafür Velowege
In der ganzen Stadt gilt Rechtsvortritt, an allen grösseren Kreuzungen regeln Kreisel den Verkehr, Ampeln sind verschwunden, Hauptstrassen sind verschmälert und bieten Platz für Velowege und Parkplätze.
«Alle Parkplätze im Stadtgebiet sind gratis», sagt Stadtrat Blanchard. «So haben wir auch kritische Autofahrer ins Boot geholt.» Tatsächlich bleiben hier Einsprachen der Autoverbände aus.
Im Vordergrund stand nicht wie in der Schweiz die Lärmbekämpfung, sondern die Sicherheit: «Mit dem Rückgang der Unfallzahlen stieg in der Bevölkerung der Rückhalt für Tempo 30», so Blanchard.
Bei einer spontanen Umfrage im Zentrum Lorients bestätigt sich dies. Hervorgehoben werden der Sicherheitsaspekt und die steigende Lebensqualität.
Beflügelt vom Erfolg denkt Bruno Blanchard schon an den nächsten Schritt. «Tempo 20 in den Quartieren hat sich sehr bewährt», sagt der Stadtrat. «Es gibt es noch immer viele Strassen, bei denen selbst Tempo 30 zu schnell ist.»