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Drei Tote bei Messerangriff in Nizza
Aus Rendez-vous vom 29.10.2020. Bild: Reuters
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Terror in Frankreich Journalist zu Messerattacke in Nizza: «Alle sind erschüttert»

Zwei Wochen nachdem ein Lehrer bei Paris enthauptet wurde, ist es in Frankreich erneut zu einer tödlichen Messerattacke gekommen. In der Kirche Notre-Dame in Nizza wurden drei Menschen getötet, mehrere wurden verletzt. Die Behörden gehen von einem terroristischen Hintergrund aus. Journalist Rudolf Balmer klärt die wichtigsten Fragen.

Rudolf Balmer

Rudolf Balmer

Freier Journalist

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Der Journalist Rudolf Balmer berichtet für deutschsprachige Medien aus Paris über französische Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Darunter auch für SRF.

SRF News: Was wissen Sie zum Anschlag in Nizza?

Rudolf Balmer: Es war kurz vor 9 Uhr am Morgen und verschiedene Personen haben sich in der Basilika Notre Dame de l’Assomption aufgehalten für ihre Andacht, um zu beten. Ein Terrorist ist in die Kirche hereingekommen und hat diese Menschen mit einem Messer angegriffen. Er hat zwei Frauen und einen Mann getötet. Laut unbestätigten Angaben soll eine Frau enthauptet worden sein. Zu den Opfern gehört auch der Wächter der Kirche. Die Polizei wurde sehr schnell informiert und konnte den Attentäter überwältigen. Er wurde dabei mit Schüssen verletzt und ins Krankenhaus transportiert.

Was deutet darauf hin, dass es sich um einen Terroranschlag handelt?

Ein Sprecher der Polizeigewerkschaft hat erklärt, dass noch während des Transports ins Krankenhaus der Attentäter «Allahu Akbar» gerufen habe. Und das ganze Vorgehen erinnert leider auch an andere Terroranschläge. Man erinnert sich in Frankreich, dass in der Nähe von Rouen bereits ein Priester von zwei Dschihadisten ermordet worden war.

Seit dem Lehrermord vor zwei Wochen bei Paris war Frankreich in erhöhter Alarmbereitschaft – trotzdem konnte dieser jüngste Anschlag nicht verhindert werden.

Eigentlich ist Frankreich seit 2015, seit dem Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitung Charlie Hebdo, permanent in Alarmbereitschaft. Aber in den letzten Tagen hat sich die Spannung vielleicht noch verschärft. Die Behörden wussten, dass es eine ganz spezifische Bedrohung gab und haben deshalb zum Beispiel die polizeiliche Bewachung der Kirchen, Synagogen und Moscheen verstärkt. Es gab auch Informationen, dass die Propaganda-Agentur von al-Qaida ganz explizit Kirchen als mögliche Angriffsziele genannt hat.

Erst vor zwei Wochen war bei Paris ein Lehrer ermordet worden, weil er in einer Unterrichtsstunde über Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte. Das Entsetzen im Land war gross, und jetzt das: Was macht das mit dem Land?

Natürlich sind alle erschüttert. Auch der repräsentative Rat der französischen Muslime hat sein Entsetzen zum Ausdruck gebracht. Die Bischofskonferenz hat zum Gebet aufgerufen. Ich glaube, dass eine grosse Geschlossenheit existiert, dass die Grundprinzipien der französischen Republik verteidigt werden müssen. Frankreich hat sich mit der strikten Trennung von Religion und Staat exponiert und sich bei religiösen Fanatikern Feinde gemacht.

Ich glaube, dass eine grosse Geschlossenheit existiert, dass die Grundprinzipien der französischen Republik verteidigt werden müssen.
Autor: Rudolf Balmer Journalist

Man hat gehört, wie in den letzten Tagen noch Boykott-Aktionen gegen Frankreich stattfinden in gewissen islamischen Ländern. Und wie vor allem der türkische Präsident Erdoğan Macron praktisch zu einem persönlichen Feind erklärt hat. Wegen seiner Solidarität mit dem ermordeten Lehrer Samuel Paty und wegen des Rechts in Frankreich, solche Mohammed-Karikaturen zu publizieren. Das sind Grundwerte, die Frankreich sich nicht nehmen lassen wird. Darauf können die Dschihadisten zählen.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

Reaktionen aus Europa

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Die Messerattacke von Nizza sorgt in weiten Teilen Europas für Anteilnahme und Beistandesbekundigungen:

EU: Die Spitzen der EU-Institutionen sichern Frankreich ihre Solidarität zu. Ganz Europa sei solidarisch mit dem Land, schreibt EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf Twitter. Man bleibe angesichts der Barbarei und des Fanatismus geschlossen und entschlossen. Sie verurteile den «abscheulichen und brutalen Angriff».

Italien: Italiens Regierung hat Frankreich ihr Beileid ausgedrückt. Zugleich versicherte Aussenminister Luigi Di Maio auf Twitter, Rom unterstütze Paris im Kampf gegen den Terror. «Wir stehen dem französischen Volk nahe und teilen den Schmerz der Familien der Opfer», schreibt der Minister aus der Fünf-Sterne-Bewegung. «Italien lehnt jeglichen Extremismus ab und bleibt im Kampf gegen Terrorismus und gewalttätigen Radikalismus an der Seite Frankreichs.»

Türkei: Das türkische Aussenministerium verurteilt die Messerattacke im französischen Nizza scharf. Es gebe nichts, dass Gewalt und das Töten von Menschen rechtfertige, teilt das türkische Aussenministerium mit. Menschen, die derartig brutale Angriffe an einem solch heiligen Ort verübten, hätten keine religiösen, humanitären oder moralischen Werte. Man stehe solidarisch mit den Menschen in Frankreich gegen Terror und Gewalt, heisst es.

Israel: Der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin hat Frankreich sein Mitgefühl ausgesprochen. «Unsere Herzen sind mit den Familien der Opfer des heutigen abscheulichen Terroranschlags auf eine Kirche in Frankreich, und wir beten für die Genesung der Verletzten», teilt Rivlin auf Twitter mit. «Terrorismus, Gewalt und Hass sind die modernen Plagen, die unsere Welt zerstören. Unser Herz ist bei Frankreich.»

Niederlande: Der niederländische Premier Mark Rutte sagt Frankreich die Solidarität im Kampf gegen den Extremismus zu. «Unseren französischen Freunden sagen wir: Sie sind im Kampf gegen den Extremismus nicht allein. Die Niederlande stehen an Ihrer Seite», teilt der Premier über Twitter mit. Zum zweiten Mal in kurzer Zeit werde Frankreich aufgeschreckt «von einer grausamen Terrortat», erklärt Rutte.

Spanien: Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez sichert Frankreich Beistand zu. «Wir sind vereint im Kampf gegen Terror und Hass», schreibt der sozialistische Politiker auf Twitter. Sánchez betont: «Wir werden weiterhin die Freiheit, unsere demokratischen Werte, den Frieden und die Sicherheit unserer Bürger verteidigen.» Auf Französisch postet er am Ende: «Nous Sommes Unis» (Wir sind vereint).

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Rendez-vous, 29.10.2020, 12.30 Uhr;

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