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Terrorbekämpfung in Mali Adieu Barkhane – Mali schickt die Franzosen nach Hause

Einst wurden Frankreichs Truppen bejubelt. Heute wird in Mali die Trikolore verbrannt. Die Stimmung im Volk ist gekippt. Wieso will man die Franzosen nicht mehr? Und können die Russen helfen? Stimmen aus Mali.

Junger Mann mit Mali- und Russenflagge um den Hals.
Legende: Mohamed Douangara, Demonstrant. Samuel Burri/SRF

Mohamed Douangara protestiert in Bamako im Februar gegen die französische Militärpräsenz in Mali. Der junge Malier ist überzeugt, ohne Frankreich hätte sein Land keine Probleme.

Wir haben gelitten unter den Franzosen und stecken tief im Schlamassel.
Autor: Mohamed Douangara

Tatsächlich kann Frankreichs Militärmission Barkhane seit 2014 nicht viele Erfolge vorweisen. Dschihadisten und bewaffnete Banden haben ihr Territorium ausgeweitet, sie kontrollieren drei Viertel des Landes. Nach massivem Druck von Malis Militärregierung hat Frankreich Mitte Februar angekündigt, in den nächsten Monaten seine Truppen abzuziehen.

Versammlung von Aktivisten in Mali
Legende: Adama Ben Diarra/«Ben le Cerveau», Aktivist der Bewegung Yéréwolo. Samuel Burri/SRF

Adama Ben Diarras Spitzname lautet «Ben le Cerveau» - Ben das Gehirn. Er ist der Kopf hinter vielen antifranzösischen Protesten in Mali. Deswegen hat die EU Sanktionen gegen ihn verhängt. Diarra ist überzeugt: Frankreich will Mali bewusst spalten.

Die Franzosen haben in Kidal ein Schutzgebiet für Terroristen eingerichtet.
Autor: Adama Ben Diarra

Als Frankreichs Militär 2013 erstmals in Mali intervenierte, hatte es innert Tagen praktisch das ganze Land von Dschihadisten befreit. In der Wüstenstadt Kidal spannten die Franzosen mit der Tuareg-Bewegung MNLA zusammen im Kampf gegen die Dschihadisten. Die MNLA ist aus Malis Perspektive ebenfalls eine terroristische Organisation. Dass die Tuaregs verschont wurden, macht viele Malier wütend und lässt Verschwörungstheorien («Frankreich will Mali spalten») gedeihen.

Malier im Schatten seines Zeltes
Legende: Zakaria Diallo, Flüchtling. Samuel Burri/SRF

Zuhause im Dorf besass Bauer Zakaria Diallo über 80 Kühe. Dazu lehrte er den Koran. Als die Franzosen in Mali eingriffen, war er zunächst begeistert. Doch dann häuften sich in seinem Dorf Bulkessi Auseinandersetzungen zwischen Dschihadisten und Sicherheitskräften. Diallos Familie musste flüchten und lebt seither in einem Flüchtlingslager in der Hauptstadt Bamako.

Damals hatte ich für Frankreich applaudiert, heute würde ich das nicht mehr tun.
Autor: Zakaria Diallo

Über 350'000 Menschen wurden in Mali in den letzten zehn Jahren vertrieben, Zehntausende getötet - von allen Seiten. Frankreichs Armee hat im Januar 2021 eine Hochzeitsgesellschaft bombardiert. Die Franzosen behaupten bis heute, es habe sich dabei um ein Treffen von Dschihadisten gehandelt. Das nehmen ihnen viele Malierinnen und Malier übel.

Mann in beigem Anzug
Legende: Sidy Traoré, Gründer der Bewegung «Aufruf an Russland». Samuel Burri/SRF

Sidy Traoré rufte schon vor über einem Jahr nach den Russen. Er hat die Bewegung «Appel à la Russie» - Aufruf an Russland gegründet. Russlands Militärhilfe sei besser als jene Frankreichs, glaubt er. Denn in Syrien oder der Zentralafrikanischen Republik hätten die Russen die Regierung stabilisiert. Zudem kämpften sie Seite an Seite mit malischen Soldaten.

Die Russen helfen uns. Sie spüren die Terroristen auf und jagen sie in die Flucht!
Autor: Sidy Traoré

Doch auch russische Wagner-Söldner sollen in Mali im Einsatz sein. Sie sind berüchtigt wegen ihres brutalen Vorgehens, etwa in Zentralafrika. Das macht Traoré keine Sorgen: «Seit die Russen hier sind, haben sie nicht ein einziges Mädchen vergewaltigt und unsere Rohstoffe nicht angefasst.»

Frau sitzt an ihrem Pult
Legende: Mariam Sidibé, Politologin und Dozentin. Samuel Burri/SRF

Die Politologin Mariam Sidibé hat in Bordeaux studiert. «Frankreich und Mali haben eine lange gemeinsame Vergangenheit.» Wirtschaftlich gibt es viele Verflechtungen, zudem leben rund hunderttausend Malier in Frankreich. Darum glaubt Sidibé nicht an ein Ende der Partnerschaft zwischen den beiden Staaten.

Ein totaler Bruch mit Frankreich ist unmöglich.
Autor: Mariam Sidibé

Die militärischen Beziehungen zwischen Mali und Frankreich werden abgebrochen. Doch zur Bekämpfung des Terrors braucht es laut Politologin Sidibé eine nicht-militärische Antwort. «Mit Militär alleine kann man die Krise Malis nicht lösen.»

Gruppe von Transporteuren vor Wandbild
Legende: Cissouma Alpha, Transporteur (links). Samuel Burri/SRF

Cissouma Alpha steht am Busbahnhof. Es hat kaum Passagiere. Die Grenzen seien zu, erklärt der Sekretär der Transporteure. Nach dem Coup von 2020 hat die militärische Übergangsregierung Anfang 2022 den angekündigten Wahltermin um bis zu 5 Jahre aufgeschoben. Das führte zu Sanktionen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Cedeao. Frankreich habe im Hintergrund die Fäden gezogen, glauben viele in Mali.

Der Putsch war gut, doch nun ist Dialog wichtig.
Autor: Cissouma Alpha

Alpha unterstützt die Militärregierung: «Das Militär räumt mit der korrupten politischen Klasse auf und schafft Sicherheit.» Doch die Sanktionen sind dramatisch für die Transportunternehmer. Der freie Personenverkehr mit den Nachbarländern ist blockiert. Auch Zement wird knapp, und Geldüberweisungen nach Westafrika sind nicht mehr möglich. Die Sanktionen müssten enden, fordert Alpha: «Wir müssen mit unseren Nachbarn im Gespräch bleiben.»

Wie sich Mali und Frankreich zerstritten

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Mali hat innert einem Jahr zwei Militärputsche erlebt. Im August 2020 setzte das Militär nach wochenlangen Protesten den Präsidenten Ibrahim Boubakar Keïta ab. Die Militärs installierten eine Übergangsregierung. Doch nur wenige Monate später entliessen sie diese - der zweite Coup.

Die Militärregierung hatte für Februar 2022 Neuwahlen angesagt. Doch zwei Monate vorher kündigte sie an, die Wahlen um bis zu fünf Jahre aufzuschieben.

Der zweite Coup und vor allem der Wahlaufschub verärgerten die Franzosen. Frankreichs Aussenminister nannte Malis Militärjunta «illegitim» und «ausser Kontrolle». Frankreich soll auch auf Sanktionen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Cedeao gedrängt haben.

Die Rhetorik verschärfte sich auf beiden Seiten. Mali wies Anfang Februar den französischen Botschafter aus. Schliesslich kündigte Frankreich Mitte Februar 2022 an, seine Sahel-Militärmission Barkhane aus Mali abzuziehen.

International, Radio SRF 2 Kultur, 26.02.2022, 09:08 Uhr

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