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Tiefe Fallzahlen Finnland ist Vorzeigeland in der Corona-Bekämpfung

Finnland hat eine günstige geografische Lage. Aber die tiefen Zahlen hängen auch mit dem Krisenmanagement und einem hohen Behördenvertrauen zusammen.

Finnland ist ein krisenerprobtes Land. Es hat zahlreiche Kriege und Wirtschaftskrisen hinter sich. Als die Weltgesundheitsorganisation zu Beginn dieses Jahres den globalen Corona-Notstand erklärte, hatten die Behörden einen Massnahmenplan zu Hand und die Regierung verfügte über die gesetzlichen Kompetenzen zum Handeln. Innert Stunden waren Grenzen und Schulen geschlossen, stellte die Gesellschaft in den Krisenmodus um.

In Finnland hatte es das Coronavirus somit schwerer als anderswo. Das wirkt sich bis heute aus: Bei gerade einmal 60 gemeldeten Fällen pro 100'000 Einwohnern in den letzten zwei Wochen liegt Finnland heute weit unter dem europäischen Durchschnitt. Das benachbarte Schweden hat zehnmal so viele Fälle, die Schweiz gar 15 Mal mehr. Nicht einmal 20'000 Menschen sind seit März positiv getestet, weniger als 400 Todesfälle gemeldet worden.

Menschen mit Masken in Finnland
Legende: Schon seit Frühling wird in Finnland empfohlen, im öffentlichen Raum eine Gesichtsmaske zu tragen. Reuters

Finnland hatte zu Beginn der Pandemie aber auch etwas Glück, betont Asko Järvinen, Infektionsarzt am Universitätsspital Helsinki: «Zu uns kam die Pandemie später als etwa nach Schweden und wir konnten die Zahl der Infizierten gerade auch in den Altersheimen stets tief halten.» Er lobt die konsequente politische Linie von Ministerpräsidentin Sanna Marin. Diese habe das Land bislang zielgerichtet und ruhig durch die Krise gelotst.

Landesgrenzen zu, Erfolg mit Contact Tracing

Tatsächlich verordnete die erst 35 Jahre alte sozialdemokratische Ministerpräsidentin und ihre von jüngeren Frauen dominierte Regierung dem EU-Mitgliedsstaat Mitte März ein konsequentes Corona-Regime: So sind die Landesgrenzen bis heute zu, die Maskenempfehlung im öffentlichen Raum gehört seit dem Frühjahr zum Alltag und eine in Finnland selbst entwickelte App zum Contact Tracing wird heute von den meisten Finninnen und Finnen benutzt.

Auch das ist typisch Finnisch: Weil das Land schon frühere Krisen relativ gut überstanden hat, ist das Vertrauen der Menschen in Behörden und Regierung hoch.

Viele Finnen gegen frühe Lockerungen

Die Schulen sind zwar unterdessen wieder offen, ansonsten aber hält das nordische Land am eingeschlagenen Kurs mit umfassenden Einschränkungen fest. Solange es keine effizienten Impfprogramme gibt, sprechen sich die meisten Finnen auch gegen Lockerungen aus, wie die Soziologin Marina Lindell herausgefunden hat.

«Sobald die Behörden darüber nachdenken, ob die geltenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens gelockert werden sollen, melden sich sogleich viele Stimmen, die sagen: Nein, lasst uns warten», sagt Lindell.

Es ist diese besondere Mischung aus peripherer Lage, einer tiefen Bevölkerungsdichte, grossem Behördenvertrauen und einem bewährten Krisenmanagement, die es Finnland erlaubt, besser durch diese Pandemie zu kommen, als die meisten anderen europäischen Staaten.

Rendez-vous vom 19.11.2020

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