Zum Inhalt springen

Tiere in Kot und Ammoniak 19'000 Rinder an Bord: Frachter vor Kapstadt erhitzt die Gemüter

Der Frachter hat Kapstadt wieder verlassen, doch der Lebendtiertransport ist umstritten. Der Vorfall heizt die Kontroverse um die Beförderungsbedingungen weiter an.

Die Einwohner Kapstadts waren empört. Über Stunden war die Touristenmetropole von einem Gülle-Geruch umgeben. Der Grund: Ein Schiff mit 19'000 Rindern hatte im Hafen angedockt. Und die Tiere versanken in ihren eigenen Exkrementen – daher der bestialische Gestank.

Warum dockte das Schiff mit Tausenden Rindern in Kapstadt an?

Das Schiff hätte in der südafrikanischen Millionenstadt ursprünglich bis Mittwoch Tierfutter an Bord laden sollen. Nach der ganzen Aufregung um Gestank und Tierschutz verliess der Frachter unter kuwaitischer Flagge den Hafen jedoch bereits am Montagabend wieder.

Wie ist der Zustand der Tiere auf dem Schiff?

Der südafrikanische Tierschutzverband konnte am Montag das Schiff betreten, um den Zustand der Rinder zu überprüfen. In einer Mitteilung wies der Verband auf «die schrecklichen Bedingungen» der Tiere hin. Bereits seit zweieinhalb Wochen befänden sich diese auf dem Schiff. «Die Tiere stehen in Kot und Ammoniak.» Zuletzt angedockt hat das Schiff laut Tracking-Seite in Rio.

Ein riesiges Frachtschiff im Hafen von Kapstadt.
Legende: Das Frachtschiff hatte während rund 24 Stunden im Hafen von Kapstadt angelegt. Reuters/Esa Alexander

«Der Gestank an Bord ist unvorstellbar», sagte der Veterinärberater des Verbands, Bruce Marock. Auch Südafrikas politische Partei Democratic Alliance verurteilte den Transport.

Wie geht es weiter?

Nach Angaben der Stadtverwaltung Kapstadts habe das Schiff am Montagabend wieder abgelegt und befinde sich nun auf dem Weg in den Irak. Startpunkt der Reise war Brasilien – das weltweit grösste Exportland für Rindfleisch.

Die Menschen in Kapstadt sind damit den Gestank wieder los. Die Tiere werden bis zur Ankunft im Irak aber wohl weiter in ihren Exkrementen liegen.

Wie verbreitet sind solche Lebendtiertransporte?

Transporte von lebenden Tiere gehören weltweit zur Fleischproduktion dazu. Jedes Jahr werden Milliarden von Tieren für Aufzucht, Mast oder Schlachtung durch die Welt befördert. Im Jahr 2019 wurden 1.8 Milliarden Nutztiere über eine Grenze befördert, wie die UNO Ernährungs- und Land­wirtschafts­organisation festhält.

In den vergangenen fünfzig Jahren sei der Umfang von Lebendtiertransporten über eine Grenze hinweg vervierfacht worden. Das ist nicht etwa ein «Drittweltproblem»: Laut einer Analyse der Daten von «The Guardian», ist die EU für bis zu 80 Prozent dieser globalen Lebendtiertransporte verantwortlich.

Welche Regeln gibt es?

In der EU gilt grundsätzlich eine maximale Transportdauer von 19 Stunden. Auf Schiffen gilt diese Begrenzung aber nicht. Laut «The Guardian» wurden nur 20 Prozent der Schiffe, die derzeit weltweit Vieh transportieren, zu eben diesem Zweck gebaut, die meisten seien entsprechend dafür nicht geeignet.

Warum werden die Tiere nicht vor dem Transport geschlachtet?

Nicht alle Lebendtiertransporte dienen dazu, die Tiere im Zielland zu schlachten. Teilweise findet der Transport auch zu Zuchtzwecken statt. Wozu die Rinder im aktuellen Fall in den Irak gebracht werden, wurde nicht kommuniziert.

Wenn das Ziel aber die Schlacht ist, gibt es zwei wichtige Gründe, weshalb die Schlachtung erst am Zielort durchgeführt wird. So kostet der Transport von lebenden Tieren weniger Geld. Fleisch müsste nämlich in speziellen Kühltransportern befördert werden. Die Kühlkette könnte ausserdem in vielen Ländern gar nicht aufrechterhalten werden.

Der zweite Grund: Länder mit grosser muslimischer und jüdischer Bevölkerung benötigen die Tiere lebend, um diese den religiösen Vorschriften entsprechend halal beziehungsweise koscher zu schlachten.

Mittagstagesschau, 21.02.2024, 12:45 Uhr

Meistgelesene Artikel