Transatlantisches Bündnis - Das müssen Sie über die Nato wissen

Die Kampfbereitschaft des Bündnisses rückt zunehmend in den Fokus. Noch scheint sie klein, das Potenzial aber ist gross.

Seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine steht sie wieder im Fokus der Weltöffentlichkeit: Die North Atlantic Treaty Organization - kurz: Nato ( zu Deutsch: »Organisation des Nordatlantikvertrags« ). 30 Mitgliedstaaten sind darin unter einem gemeinsamen Verteidigungsschirm vereint.

In den vergangenen Jahren waren düstere Wolken über dem Hauptsitz in Brüssel aufgezogen. Gipfeltreffen waren zu frustrierenden Angelegenheiten verkommen, an denen Einigkeit ein Fremdwort schien. Stattdessen wurde gestritten und mächtige Stimmen stellten die Daseinsberechtigung des Bündnisses zunehmend infrage.

Hilfe für die Ukraine

Verschiedene Nato-Mitgliedstaaten unterstützen die Ukraine zum Teil bereits seit mehreren Jahren. So leisten die USA bereits seit 2018 ausgedehnte Militärhilfe. Als besonders wichtig haben sich dabei Lieferungen der sogenannten «Javelins»-Panzerfäuste erwiesen. Mit diesen haben ukrainische Streitkräfte den russischen Truppen über die vergangenen vier Monate empfindliche Schäden zufügen können. Auch andere Bündnispartner liefern Waffen oder leisten logistische Unterstützung.

Doch die Mitgliedstaaten sowie die Führung der Nato versuchen tunlichst nicht in einen direkten Konflikt mit Russland hineingezogen zu werden. Seit Jahren bestehen Vorwürfe aus Moskau, dass der Westen sein Einflussgebiet zu stark ausgedehnt habe. Mittels mehrerer Partnerprogramme koordiniert die Nato die Zusammenarbeit mit Staaten in Osteuropa, dem Kaukasus und dem südlichen Balkan.

Die Amtszeit von US-Präsident Donald Trump wurde dann zu einer Art Zerreissprobe für das Bündnis. Der Mann im Weissen Haus sah die starke finanzielle Beteiligung seines Landes am Bündnis kritisch und machte Druck auf die anderen Bündnispartner. Die Existenzkrise gipfelte in den Aussagen von Frankreichs Präsident, der die Nato 2019 «hirntot» nannte.

Jahre der Uneinigkeit

Während der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump ging in der Nato zuweilen gar nichts mehr. Der französische Präsident Macron nannte die Organisation «hirntot».

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Und dann kam die russische Invasion der Ukraine im März dieses Jahres.

Russland: Vom möglichen Partner zum Feind

Das Nordatlantische Verteidigungsbündnis wurde 1949 als Reaktion auf den sich anbahnenden Kalten Krieg gegründet. Die USA unter Präsident Harry Truman wollten ihren Einfluss in Europa sichern, Westeuropa sich vor der Sowjetunion schützen.

Bollwerk des Westens

Mit der Gründung der Nato wollten die USA ihren Einfluss sichern und Europa sich vor der Sowjetunion schützen. (Im Bild: US-Präsident Harry Truman)

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Die Expansion des Bündnisses lief nicht immer parallel zur europäischen Einigung zur selben Zeit ab. So gesellte sich mit der Türkei bereits 1952 – lange vor Deutschland – zwar eine militärische Macht hinzu; jedoch eine, die bis heute nicht Teil des politischen Europas ist. 2004 kam es dann zu einer Konsolidierung an der Ostgrenze, als gleich sieben Länder beitraten. Jüngstes Mitglied ist seit 2020 Nordmazedonien.

Im Herzen des Bündnisses steht seit dessen Gründung der Artikel 5. Dieser besagt, dass wen ein Land angegriffen wird, alle anderen dazu verpflichtet sind, ihm beizustehen.

Die Nato im neuen Jahrtausend

• Kosovo 1999: Im Anschluss an den Kriegseintritt der USA im Konflikt zwischen Serbien und der albanischen Bevölkerung, setzte eine Friedensmission KFOR vor Ort ein, an der auch die Schweiz dabei ist. Bis heute sind Truppen im Land stationiert.
• Afghanistan 2001: Nach den Terroranschlägen in New York und Washington DC riefen die Mitgliedstaaten erstmals den Bündnisfall aus. 20 Jahre lang war die Nato am Hindukusch im Einsatz. Im vergangenen Jahr und mit dem Abzug der US-Truppen wurde die Mission für beendet erklärt.
• Osterweiterung 2004: Sieben osteuropäische Staaten traten dem Bündnis bei (Bulgarien, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland und Litauen). Bei mehreren von ihnen handelte es sich um ehemalige Mitglieder des von der Sowjetunion dominierten «Warschauer Pakts».
• Bukarest-Gipfel 2008: Der Ukraine und Georgien wurde eine Mitgliedschaft in Aussicht gestellt. In Moskau sorgte dies für Verstimmung. Nur wenige Wochen nach dem Gipfeltreffen kam es zum Einmarsch russischer Gruppen in Georgien.
• Russische Invasion der Krim 2014: Wenige Tage nach dem Einmarsch russischer Truppen beendete die Nato jegliche Zusammenarbeit mit Moskau. Zwei Jahre später gründete das Bündnis die Enhanced Forward Presence -Initiative, mittels derer permanente Truppen auf der Ostflanke zur Abschreckung Russlands installiert werden sollten.

Heute decken die Bündnispartner gemäss eigenen Angaben eine Milliarde Menschen und die Hälfte der weltweiten Militärausgaben ab. Die Nato ist in sämtlichen militärischen Bereichen (Luft, Boden, Meer, Cyberspace) aktiv. Das Bündnis hält regelmässig gemeinsame Übungen ab und bildet in Mitgliedsstaaten militärisches Personal aus.

Lange sah die Organisation die Terrorismusbekämpfung als Hauptaufgabe: Im Anschluss an die Terroranschläge vom 11. September 2001 trat erstmals in der Geschichte des Bündnisses der Solidaritätsparagraph (Artikel 5) in Kraft.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sahen die Mitgliedstaaten Russland nicht als Bedrohung an. 1997 schlossen die beiden Blöcke gar eine gemeinsame Nato-Russland-Grundakte. Noch in der strategischen Ausrichtung aus dem Jahr 2010 wurde Russland als möglicher Partner für das Bündnis eingestuft.

US-Amerikanische Führungsposition

Er hat die Truppen unter Kontrolle: Der Oberbefehlshaber für Europa ("Saceur») ist US-General Tod D. Wolters. Die Position wird stets von einem US-Amerikaner bekleidet.

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Damit ist spätestens seit Kriegsausbruch Schluss. Am jüngsten Gipfeltreffen in Madrid haben die Regierungschefs Russland endgültig zum Feind erklärt.

Zunehmender Fokus über Europa hinaus

Die Anfänge der Nato Response Force (NRF) gehen bis ins Jahr 2002 zurück. Seither wurde die Truppe für schnelle Einsätze stetig ausgebaut – und in Zukunft soll sie noch mehr wachsen: Von 40'000 sollen die Truppenbestände auf 300'000 angehoben werden. 13 Mitgliedstaaten sollen das Personal stellen.

Es ist die grösste Neuaufstellung der kollektiven Verteidigung seit dem Zweiten Weltkrieg.

Jens Stoltenberg Nato-Chef

Mit dem Programm Nato 2030 will sich das Bündnis zudem für die Zukunft rüsten. Der Fokus soll von Europa und Nordamerika auf den Rest der Welt ausgeweitet werden – wohl nicht zuletzt angesichts der grösser werdenden militärischen Bedrohung durch China. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht schon jetzt eine neue Zeit angebrochen. Am Madrider Gipfel erklärte er: «Es ist die grösste Neuaufstellung der kollektiven Verteidigung seit dem Zweiten Weltkrieg.»