Jahrzehntelang galt Europas Norden als friedliche und idyllische Region demokratischer, fortschrittlicher und wohlhabender Gesellschaften. Dabei konnten es sich die acht Länder innerhalb des 1952 gegründeten Nordischen Rates leisten, sicherheits- und europapolitisch ganz unterschiedliche Wege einzuschlagen: Finnland und Schweden waren neutral, Dänemark, Norwegen und Island gehörten zu den Nato-Mitgliedsstaaten der ersten Runde. Mit den früheren Kolonien im Nordatlantik, den Färöern und Grönland, wurde mehr schlecht als recht umgegangen.
Noch im letzten Jahr, unter der schwedischen Präsidentschaft im Nordischen Rat, wurde der Ministerpräsident der grössten Insel der Welt, Grönland, kurzerhand übergangen. Das Verhältnis Nuuks zum Rest der Region verschlechterte sich zunehmend und erreichte Ende 2024 nach den Worten des damaligen grönländischen Ministerpräsidenten Múte Bourup Egede einen «Nullpunkt».
Alarmglocken in Nuuk und Kopenhagen
Das versuchte der neu gewählte US-Präsident Donald Trump für sich zu nutzen und meldete noch vor der Amtsübernahme die Absicht an, Grönland notfalls auch «mit militärischen Mitteln» zu übernehmen.
Nicht nur in Nuuk und Kopenhagen läuteten nun die Alarmglocken: Auch im übrigen Nordeuropa wurde nun vielen klar, dass sich im Westen der Region schon bald ähnliches abspielen könnte, wie es im Osten durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bereits zur brutalen Wirklichkeit geworden war.
Beim Gipfeltreffen des Nordischen Rates am Montag im finnischen Turku zeigte sich nun: Nordeuropa ist lernfähig und erfindet sich gerade neu als arktischer Machtblock. Dazu gehört, dass seit dem Beitritt Schwedens zur Nato im letzten Jahr die ganze Region dem westlichen Verteidigungsbündnis angehört.
Und noch etwas hat sich grundsätzlich geändert: Gemeinsam mit den Regierungschefs von Finnland, Schweden, Dänemark, Norwegen und Island sitzen beim Gipfel in Turku auch die Ministerpräsidenten Ålands, der Färöer und Grönlands am Tisch als gleichberechtigte Partner.
Gemeinsam für die Ukraine, nicht aber Palästina
Der neue Zusammenhalt und das gemeinsame Selbstvertrauen kommt keinen Moment zu früh: Denn neben der Sicherheits- und Arktispolitik bräuchte es nun auch in der Europa- und Nahostpolitik eine starke nordische Stimme.
Während Nordeuropa gegenüber der Ukraine eine schon fast bedingungslose Unterstützung markiert, sind sich die nordischen Länder in der Frage einer Anerkennung Palästinas weiterhin uneinig: Island, Schweden und Norwegen haben diesen Schritt bereits getan, Finnland und Dänemark warten aber noch zu.