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Treffen mit Taliban-Delegation «Sie haben Lage in Afghanistan drastisch geschildert»

Die offizielle Schweiz hat sich mit elf Vertretern der radikalislamischen Taliban in Genf zu einer Aussprache getroffen. Vorerst liegen keine konkreten Ergebnisse vor. Das Treffen sei aber «weder eine Legitimation noch eine Anerkennung» der Taliban als Vertreter der afghanischen Regierung, sagt Botschafter Raphael Nägeli, Chef der Abteilung Asien und Pazifik im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Wichtig sei es derzeit, mit den Personen zu sprechen, die aktuell in Kabul an der Macht sind, sagt Nägeli im Gespräch mit SRF News.

Raphael Nägeli

Botschafter

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Botschafter Raphael Nägeli ist Chef der Abteilung Asien und Pazifik im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA).

SRF News: Kann man mit den Taliban überhaupt verhandeln?

Raphael Nägeli: Die Gespräche sind in einer sehr offenen und sachlichen Atmosphäre verlaufen, wir haben sehr präzise Antworten bekommen auf Fragen, die wir gestellt haben. Und wir haben sehr präzise Vorschläge bekommen, wie wir zusammenarbeiten könnten.

Worum ging es bei den konkreten Forderungen?

Die Gesprächspartner haben uns ersucht, mehr humanitäre Hilfe zu leisten. Sie haben in drastischer Form geschildert, wie die Lage in Afghanistan ist – sie haben sehr offen zugegeben, dass die Lage in den Spitälern dramatisch ist. Darum bitten sie um mehr Unterstützung. Gleichzeitig haben wir die Chance genutzt, um ein paar Botschaften klar zu formulieren: Unsere Anforderungen an die Menschenrechte, an Schutz von Frauen und Kindern, an Gleichberechtigung – das haben wir sehr deutlich zur Sprache gebracht.

Sie haben sehr offen zugegeben, dass die Lage in den Spitälern dramatisch ist.

Die afghanische Exilregierung in Genf fordert, dass mehr Afghanen in die Gespräche einbezogen werden müssen, damit kritische Fragen wirklich angesprochen werden. War das der Fall?

Heute haben wir eine Delegation der Taliban empfangen. Aber selbstverständlich stehen wir immer im Kontakt mit NGO, mit Vertretern der Diaspora, mit Vertretern der letzten Regierung von Afghanistan. Natürlich ist das nur ein Element der Kontakte, die wir pflegen.

Die Exilregierung forderte zudem, dass die Gespräche nur fortgesetzt werden sollen, wenn die Taliban versichern, dass die Verhaftungen von Aktivisten aufhört. Konnte man sich darauf einigen?

Die Verhaftungen, die Verschleppungen von Aktivisten habe ich angesprochen. Man hat mir versichert, dass man solchen Berichten nachgehe, dass man allfällige Täter der Justiz zuführen würde. Wir werden sehr präzise darauf achten, ob das auch passiert.

Wie können Sie sicher sein, dass dies nicht nur Versprechen sind?

Ich glaube, es ist wichtig, solche Gespräche zu führen. Es ist wichtig, mit jenen Personen zu sprechen, die aktuell in Kabul an der Macht sind. Es ist aber ebenso wichtig, dass unsere Analysen auch auf anderen Informationen basieren, die wir bekommen.

Es ist wichtig, mit jenen Personen zu sprechen, die aktuell in Kabul an der Macht sind.

Haben Sie vor diesem Termin mit anderen Staaten gesprochen?

Wir sind ständig im Austausch mit anderen europäischen Staaten, die in Afghanistan engagiert sind und die ähnliche Positionen vertreten wie wir. Wir versuchen, uns so gut wie möglich zu koordinieren.

Tagesschau, 10.02.2022, 19:30 Uhr ; 

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