Was ist passiert? Tropische Krankheiten breiten sich in Europa aus: Griechenland meldete vergangene Woche, dass dieses Jahr 68 Menschen am West-Nil-Virus erkrankt sind, sieben davon starben. In Italien sind bis letzten Freitag 647 Menschen mit dem Virus infiziert worden, in 47 Fällen endete die Erkrankung tödlich. «Es ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisberges», sagt Pie Müller vom Schweizerischen Tropen- und Public Health Institut. Auf der Ferieninsel Sardinien sollen nun Drohnen zum Einsatz kommen, um die Brutstätten der mit dem Virus infizierten Mücken zu bekämpfen.
Wie gefährlich ist das West-Nil-Virus? Meistens sei es nicht sehr gefährlich, sagt Insektenforscher Müller. In vielen Fällen verlaufe die Krankheit mild oder sie verursache gar keine Symptome. Wenn es zu Symptomen komme, seien diese meist grippeähnlich. Gefährlich werden kann es aber für Menschen mit Vorerkrankungen oder ältere Personen. Die meisten der Todesfälle betreffen Menschen im Alter über 65 Jahren mit einer Krankheitsvorgeschichte und oftmals auch eher Männer als Frauen. In Griechenland beispielsweise waren alle Todesopfer über 65.
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Bild 1 von 5. Das ist die sogenannte Culex Pipien (Gemeine Stechmücke), eine der bekanntesten heimischen Stechmückenarten in Europa. Sie kann das West-Nil-Virus übertragen. Bildquelle: IMAGO / ZUMA Press Wire.
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Bild 2 von 5. Hauptsächlich zirkuliert das Virus unter Zugvögeln, kann aber via Stechmücken auch auf den Menschen übergehen... (im Bild: Grosser Brachvogel). Bildquelle: IMAGO / blickwinkel.
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Bild 3 von 5. ... oder auch auf ein Pferd. Für diese Tierart existiert allerdings ein Impfstoff. Bildquelle: IMAGO / Frank Sorge.
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Bild 4 von 5. In Sardinien wird versucht, mit Drohnen die Brutnester der infizierten Stechmücken ausfindig zu machen und sie mittels Sprühen von Larvizid zu zerstören. Hier in Neapel wird das mit einem Pick-up gemacht. Bildquelle: IMAGO / ABACAPRESS.
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Bild 5 von 5. Das West-Nil-Virus ganz aus der Nähe: Laut Informationen des Bundes befallen diese Partikel bei einem Prozent der infizierten Personen das Nervensystem, was zu Gehirn- und/oder Hirnhautentzündung führt. Bildquelle: IMAGO / BSIP.
Wie wird das West-Nil-Virus übertragen? Das West-Nil-Virus wird meistens über den Stich infizierter Mücken übertragen, aber auch durch den Biss virushaltiger Zecken. Gestochen oder gebissen werden hauptsächlich Vögel, aber auch Pferde und Menschen sowie andere Säugetiere. Eigentlich zirkuliere das West-Nil-Virus zwischen Vögeln, sagt Pie Müller. Von Mensch zu Mensch kann es nicht übertragen werden. Die Übertragung auf Menschen erfolgt hauptsächlich über Mücken der Gattung Culex, die sowohl Vögel als auch andere Tiere beziehungsweise Menschen stechen. Zu dieser Gattung gehört auch die heimische Gemeine Hausmücke. Ausserdem kann auch die asiatische Tigermücke, die sich in Europa ausbreitet, das Virus übertragen.
Kommt das West-Nil-Virus auch in die Schweiz? Es dürfte eine Frage der Zeit sein. Noch ist bei keinem Menschen oder keinem Tier in der Schweiz ein Ausbruch der Krankheit gemeldet worden. 2022 wurde im Tessin das Virus in Mücken gefunden. Für Stefano Fontana, den medizinischen Leiter des Blutspendedienstes der italienischen Schweiz, ist klar: Wenn es zu Ansteckungen komme, dann zuerst im Tessin. Denn im nahen Norditalien sei das Virus in den Mücken bereits etabliert.
Ob die ersten Fälle in der Schweiz noch dieses Jahr auftreten werden, ist offen. Pie Müller vom Tropeninstitut weist aber darauf hin, dass die häufigsten Fälle in Europa im August und September aufträten. «Wir sind schon am Ende der West-Nil-Virus-Saison angekommen.»
Wie schützt man sich? Es gibt keine Impfung und auch keine sonstige spezifische Behandlung der Krankheit, weiss Pie Müller. Grundsätzlich gut könne man sich aber mit langer Kleidung schützen. Sie sollte nicht zu eng anliegen und hell sein. Zusätzlich sollte man nackte Stellen mit Mückenschutz behandeln. Müller rät auch dazu, aufmerksam zu sein: Wenn man gestochen werde und starke, grippeähnliche Symptome entwickle, solle man den Arzt aufsuchen. Das kann allerdings dauern: Die Inkubationszeit beim Menschen – also die Zeit zwischen der Infektion und dem Auftreten der ersten Symptome – beträgt drei bis maximal 14 Tage.
Mitarbeit: Reena Thelly