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Trotz Corona auf Reisen Papst kritisiert Machtmissbrauch – abschliessende Messe in Erbil

  • Bei seinem Besuch im Nordirak hat Papst Franziskus in einer Messe vor Tausenden Gläubigen Machtmissbrauch und Korruption angeprangert.
  • «Es tut not, dass die unheilvolle Beeinflussung der Macht und des Geldes aus unseren Herzen und aus der Kirche ausgerottet werden», sagte der 84-Jährige im Fussballstadion der kurdischen Hauptstadt Erbil.
  • Vor der Messe fuhr er im «Papa-Mobil» eine Runde im Stadion unter den Jubelrufen der vielen Menschen, die gekommen waren, um ihn zu sehen.

Er forderte zudem Solidarität der Gläubigen. «Wir müssen uns verantwortlich fühlen und dürfen nicht einfach zuschauen, wenn der Bruder oder die Schwester leidet», erklärte er weiter. Die Messe setzte den Schlusspunkt hinter die Irakreise des Oberhaupts der katholischen Kirche. Zuvor besuchte Franziskus die Christen im Nordirak, wo er von Scharen von Gläubigen umjubelt wurde.

Papst traf Grossajatollah

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Papst Franziskus hat am Samstag den höchsten schiitischen Geistlichen im Irak, Grossajatollah Ali al-Sistani, getroffen. Von Al-Sistanis Seite wurde mitgeteilt, der Grossajatollah habe über Unterdrückung, Armut und Verfolgung vieler Völker im Nahen Osten gesprochen. Er habe zudem ein Augenmerk auf die Lage der Palästinenser gelegt. Eine gemeinsame Erklärung unterzeichneten die beiden nicht.

Grossajatollah Ali al-Sistani hat Millionen Anhänger und geniesst auch politisch Einfluss. Seine Reden finden im Irak grosse Resonanz. Er lebt jedoch zurückgezogen von der Öffentlichkeit.

In der Vergangenheit hatte er sich schon als Mediator erwiesen. Nach dem Sturz Saddam Husseins 2003 und den Wirren um die neue Regierung habe Al-Sistani zwischen den Parteien vermittelt und so einen innerschiitischen Konflikt verhindert, sagte etwa der Islamwissenschaftler Thomas Würtz. «Das ist sicher seine grösste diplomatische Leistung, mit der er auch über die schiitischen Reihen hinaus bekanntgeworden ist.»

Erbil wurde für viele Christen zum Zufluchtsort, als die Terrormiliz Islamischer Staat im Nordirak immer mehr Städte einnahm. Vor gut sechs Jahren hielt die Stadt den Angriffen mit Hilfe einer Allianz aus kurdischen Kämpfern und den Vereinigten Staaten stand, als die Islamisten bis auf 40 Kilometer auf Erbil vorgerückt waren.

Papst trifft Vater von Alan Kurdi

Zudem hat Papst Franziskus am letzten Tag seiner Irak-Reise den Vater des toten Flüchtlingsjungen Alan Kurdi getroffen. Das Foto des Kleinkinds, dessen Leiche 2015 an einen Strand der Türkei gespült wurde, ging auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise um die Welt. Franziskus habe Abdullah Kurdi nach der Messe im Fussballstadion von Erbil getroffen, teilte der Vatikan mit. Franziskus drückte Kurdi sein Beileid dafür aus, dass er seine Familie verloren hatte. Der Vater des kleinen Alan dankte dem Oberhaupt der katholischen Kirche für seine Worte.

Der damals zweijährige Alan Kurdi war am 2. September 2015 am Ufer der Türkei angespült worden. Abdullah Kurdi hatte mit seiner Familie versucht, von der Türkei aus mit einem Boot die griechische Insel Kos zu erreichen. Das Boot kenterte. Kurdis Frau und ihre zwei kleinen Kinder ertranken.

Papst Franziskus' Irak-Reise neigte sich am Sonntag dem Ende zu. Franziskus wird in die Geschichte als erster Papst eingehen, der den Irak besucht hat. Auf der Reise hatte er immer wieder ein friedliches Zusammenleben und Solidarität zwischen den Religionen gefordert. Am Montag sollte er zurück nach Rom reisen.

SRF News, 07.03.2021, 09:30 Uhr ; 

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