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Trump gegen Schutzprogramm «Der rechte Flügel wird sich wehren, Dreamers zu legalisieren»

Die Regierung Trump hält das Schutzprogramm für junge Migranten für verfassungswidrig. Sie will den Kongress darüber entscheiden lassen. Was das für die jungen Leute bedeutet, erläutert US-Korrespondentin Isabelle Jacobi.

SRF News: Die Regierung Trump will den Schutzstatus abschaffen, der bisher für Menschen galt, die als Kinder illegaler Einwanderer in die USA gekommen sind. Mit welcher Argumentation?

US-Justizminister Jeff Sessions sagte, dass die Regierung das Schutzprogramm von Obama ganz klar für rechtswidrig hält. Es sei die Sache des Kongresses, Immigrationsgesetze abzuändern und nicht die der Regierung. Man gewährt aber eine etwas längere Übergangsfrist als erwartet wurde. Sie dauert etwa zwei Jahre. Das soll dem Kongress Zeit geben, die Situation gesetzlich zu klären.

Die Dreamers befürchten, dass das Schutzprogramm für sie zum Bumerang wird, denn sie sind durch das Programm erst für den Staat sichtbar geworden.
Autor: Isabelle Jacobi

Was heisst das für diese 800’000 Söhne und Töchter von illegalen Einwanderern?

Diese jungen Menschen, die Dreamers, wie man sie hier nennt, stehen vor einer ungewissen Zukunft. Das ist besonders hart, weil die meisten von ihnen inzwischen gut integriert sind. Sie studieren oder arbeiten oder haben Kleinunternehmen gegründet.

Und sie haben nun Angst, alles zu verlieren und ultimativ ausgewiesen zu werden. Und sie befürchten, dass das Schutzprogramm für sie zum Bumerang wird, denn sie sind durch das Programm erst für den Staat sichtbar geworden.

Präsident Trump hat für die Dreamers eine gewisse Sympathie bekundet. Politisch verfolgt er jetzt aber eine harte Linie. Steckt da ein politisches Kalkül dahinter?

Natürlich. Trump steht politisch aus seinen eigenen Reihen unter Druck. Zehn konservative Staaten haben gedroht, sie würden klagen, wenn er Obamas Schutzprogramm nicht stilllegt. Das hat er nun getan. Eine solche Klage wollte er nicht riskieren. Er hätte sie wohl verloren, weil das oberste Gericht vor einem Jahr ein ähnliches Programm für erwachsene Migranten tatsächlich für nicht verfassungsmässig erklärte. Seither ist das oberste Gericht noch nach rechts gerutscht. Es war eine schlechte juristische Ausgangslage und eine zu grosse politische Hypothek für Trump.

Zehn konservative Staaten haben gedroht, sie würden klagen, wenn Präsident Trump das Schutzprogramm nicht stilllegt.
Autor: Isabelle Jacobi

Trump spielt den Ball dem Kongress zu. Der soll ein neues Gesetz ausarbeiten. Könnte das eine Chance für die Dreamers sein?

Ja, wenn der Kongress es schafft, das Schutzprogramm auf gesetzliche Beine zu stellen, dann wäre das eine nachhaltige Lösung und Perspektive für die jungen Menschen und ihre Zukunftsträume.

Die Republikaner sind offenbar uneins, wie sie mit den Dreamers umgehen wollen. Wo verlaufen die Konfliktlinien?

Es sind die üblichen Konfliktlinien. Der Wirtschaftsflügel, das sogenannte Establishment, sieht in den Dreamers ein Potenzial für den Markt, aber auch ein politische Potenzial. Aber der rechte Flügel wird sich vehement dagegen wehren, die Dreamers zu legalisieren. Politiker dieses rechten Flügels halten schon das jetzige Programm für eine Amnestie, die sie nicht tolerieren können. Und – das wissen wir — dieser rechte Flügel ist eine potente Kraft im Kongress.

Angenommen, der Kongress kann sich nicht einigen. Was geschieht dann?

Das kommt darauf an wie die Machtverhältnisse in Washington sein werden, wenn das Schutzprogramm völlig ausgelaufen sein wird. In der Zwischenzeit würden die 800’000 Betroffenen in Ungewissheit leben. Es heisst aber nicht, dass sie automatisch ausgewiesen würden. Die Polizei kann sich entscheiden, das einfach nicht zu tun. Aber rechtlich, auch menschenrechtlich, wäre eine solche ungeklärte Situation mehr als unschön.

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