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Trump hält Militärparade ab Machtdemonstration zu aufgeheiztem Zeitpunkt

Trumps Parade in Washington demonstrierte Macht. Sie lässt sich nicht von der Machtdemonstration in Los Angeles trennen.

Am Ende rollten die Panzer gar vorzeitig los. Drohende Gewitter brachten den Zeitplan durcheinander, denn durchnässte Soldaten und ein Präsident im Regen, das waren nicht die Bilder, die die Organisatoren sich vorgestellt hatten. Überhaupt, die Bilder. Um die hatte sich schon im Vorfeld der republikanische Senator Rand Paul gesorgt: «Wir waren immer stolz, nicht solche Bilder wie die Sowjetunion oder Nordkorea zu produzieren. Deshalb hätte ich diese Parade nicht abgehalten.»

Zumindest diese Sorge war unbegründet: Die Parade in Washington war um einiges lockerer als diejenigen in Moskau oder Pjöngjang. Soldaten winkten fröhlich von ihren Panzern ins Publikum, Rockmusik begleitete die Fahrzeuge, und Stechschritt sah man nicht.

7000 Soldaten am Gründungstag der US-Armee

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Soldaten in Formation
Legende: Reuters/Brian Snyder

In der US-Hauptstadt Washington wurde am Samstag eine grosse Militärparade abgehalten. Anlass war der 250. Gründungstag der US-Armee, der zufällig auch auf den 79. Geburtstag von US-Präsident Donald Trump fiel.

Fast 7000 Soldatinnen und Soldaten in modernen wie historischen Uniformen wirkten mit. Ausserdem wurden mehr als hundert Fahrzeuge und Fluggeräte gezeigt, darunter auch schwere Panzer. Der Zug führte über mehrere Blocks entlang der National Mall in Richtung Weisses Haus. Trump verfolgte das Spektakel von einer Tribüne.

Die Kosten der Parade wurden von US-Medien auf bis zu 45 Millionen US-Dollar geschätzt. Auch mögliche Strassenschäden durch die schweren Militärfahrzeuge werden befürchtet.

Das US-Heer wurde am 14. Juni 1775 gegründet – noch vor der offiziellen Unabhängigkeitserklärung der USA von Grossbritannien. Heute sind nach Militärangaben weltweit 450'000 aktive Soldatinnen und Soldaten für das Heer im Dienst (sda).

Erst die Nationalgarde – dann die Parade

Trotzdem: Die Panzer rollten zu einem aufgeheizten Zeitpunkt durch die Strassen von Washington. Genau eine Woche ist es her, seit Präsident Trump gegen den Willen des Gouverneurs die kalifornische Nationalgarde und Marineinfanteristen nach Los Angeles schickte, um sie gegen teilweise gewalttätige Demonstranten einzusetzen. Diese hatten Razzien der Einwanderungsbehörden gestört, die Trumps harten Einwanderungskurs umsetzen sollten. Nationalgardisten und Marinesoldaten sollten die Beamten der Einwanderungsbehörden nun beschützen.

Landesweite Proteste gegen Trumps Politik

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Unter dem Motto «No Kings» (Keine Könige) finden im ganzen Land Demonstrationen statt. Die Teilnehmer werfen Trump autoritäres Auftreten vor. Pünktlich zu Beginn der Militärparade vermeldeten die Veranstalter insgesamt mehr als fünf Millionen Teilnehmer in rund 2100 Städten – weitaus mehr als noch bei Demonstrationen im April.

In Washington blieb es am Tag der Parade weitgehend ruhig, Tausende Sicherheitskräfte schützen den Event. Die Veranstalter der «No Kings»-Bewegung hatten ausdrücklich nicht zu Protesten in der Hauptstadt aufgerufen. Stattdessen gab es den «DC Joy Day» – ein bewusst fröhlich gehaltenes Gegenprogramm zur Militärinszenierung (sda).

Die Ereignisse in Los Angeles und die Militärparade in Washington waren nach dieser Woche nicht mehr voneinander zu trennen. Und als am Morgen die Nachricht die Runde machte, dass in Minnesota ein Mann eine Politikerin und ihren Ehemann erschossen und einen weiteren Politiker lebensgefährlich verletzt hatte, legte sich noch mehr Schwere (und Sorge) über diese Parade.

Machdemonstration in L.A. – Machtdemonstration in Washington

Lindsay Cohn ist Politologin und lehrt am Naval War College in Rhode Island. Sie lehnt sich erst einmal tief zurück: «Unter normalen Umständen wäre diese Parade vielleicht tatsächlich «nur» eine normale Parade gewesen.» Cohn holt tief Luft. «Aber unter den jetzigen Umständen halte ich das für unwahrscheinlich.»

Ich glaube, die Leute werden es nach dieser Woche schwer haben, diese Machtdemonstration und die Machtdemonstration auf den Strassen von Los Angeles auseinanderzuhalten.

Lindsay Cohn betont, dass ihre uns gegenüber geäusserten Aussagen ausschliesslich ihre eigenen Ansichten sind und nicht die Ansichten des Naval War College, der Navy oder der US-Regierung repräsentieren. «Natürlich wird es bei dieser Parade Trommeln, Bands, Pfeiffer und Pferde geben», fährt Cohn fort. «Aber eben auch Panzer und Kampfjets. Es wird eine Machtdemonstration sein. Und ich glaube, die Leute werden es nach dieser Woche schwer haben, diese Machtdemonstration und die Machtdemonstration auf den Strassen von Los Angeles auseinanderzuhalten.»

Trump politisiert Militär

Diese Woche sei die Woche gewesen, in der der Präsident das Militär politisiert habe, schreibt die «Washington Post» in einem Meinungsbeitrag. Lindsay Cohn pflichtet dem bei: «Wir befinden uns an einem Punkt, an dem die politische Führung offenbar gezielt versucht, die militärische Führung mit einer politischen Agenda in Einklang zu bringen.»

Noch verfüge das US-Militär über ein hohes Mass an Professionalität und normative Leitplanken, sagt Cohn. «Aber ich weiss nicht, wie stark diese sind, und wie lange sie noch halten werden.»

SRF 4 News, 15.06.2025, 03:00 Uhr

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