Am Ende rollten die Panzer gar vorzeitig los. Drohende Gewitter brachten den Zeitplan durcheinander, denn durchnässte Soldaten und ein Präsident im Regen, das waren nicht die Bilder, die die Organisatoren sich vorgestellt hatten. Überhaupt, die Bilder. Um die hatte sich schon im Vorfeld der republikanische Senator Rand Paul gesorgt: «Wir waren immer stolz, nicht solche Bilder wie die Sowjetunion oder Nordkorea zu produzieren. Deshalb hätte ich diese Parade nicht abgehalten.»
Zumindest diese Sorge war unbegründet: Die Parade in Washington war um einiges lockerer als diejenigen in Moskau oder Pjöngjang. Soldaten winkten fröhlich von ihren Panzern ins Publikum, Rockmusik begleitete die Fahrzeuge, und Stechschritt sah man nicht.
Erst die Nationalgarde – dann die Parade
Trotzdem: Die Panzer rollten zu einem aufgeheizten Zeitpunkt durch die Strassen von Washington. Genau eine Woche ist es her, seit Präsident Trump gegen den Willen des Gouverneurs die kalifornische Nationalgarde und Marineinfanteristen nach Los Angeles schickte, um sie gegen teilweise gewalttätige Demonstranten einzusetzen. Diese hatten Razzien der Einwanderungsbehörden gestört, die Trumps harten Einwanderungskurs umsetzen sollten. Nationalgardisten und Marinesoldaten sollten die Beamten der Einwanderungsbehörden nun beschützen.
Die Ereignisse in Los Angeles und die Militärparade in Washington waren nach dieser Woche nicht mehr voneinander zu trennen. Und als am Morgen die Nachricht die Runde machte, dass in Minnesota ein Mann eine Politikerin und ihren Ehemann erschossen und einen weiteren Politiker lebensgefährlich verletzt hatte, legte sich noch mehr Schwere (und Sorge) über diese Parade.
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Bild 1 von 5. 7000 Soldatinnen und Soldaten haben sich am Anlass beteiligt. Bildquelle: Keystone/JACQUELYN MARTIN.
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Bild 2 von 5. Das Militär fast hautnah. Auch Panzer sahen Schaulustige aus nächster Nähe. Bildquelle: Reuters/Brian Snyder.
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Bild 3 von 5. Tausende Menschen liessen sich das Spektakel nicht entgehen. Bildquelle: Reuters/Elizabeth Frantz.
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Bild 4 von 5. Präsident Trump verfolgte den Anlass von einer Tribüne aus. Bildquelle: Reuters/Carlos Barria.
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Bild 5 von 5. Die Stimmung ist unter manchen Zuschauern war zwiegespalten. Bildquelle: Reuters/Evelyn Hockstein .
Machdemonstration in L.A. – Machtdemonstration in Washington
Lindsay Cohn ist Politologin und lehrt am Naval War College in Rhode Island. Sie lehnt sich erst einmal tief zurück: «Unter normalen Umständen wäre diese Parade vielleicht tatsächlich «nur» eine normale Parade gewesen.» Cohn holt tief Luft. «Aber unter den jetzigen Umständen halte ich das für unwahrscheinlich.»
Ich glaube, die Leute werden es nach dieser Woche schwer haben, diese Machtdemonstration und die Machtdemonstration auf den Strassen von Los Angeles auseinanderzuhalten.
Lindsay Cohn betont, dass ihre uns gegenüber geäusserten Aussagen ausschliesslich ihre eigenen Ansichten sind und nicht die Ansichten des Naval War College, der Navy oder der US-Regierung repräsentieren. «Natürlich wird es bei dieser Parade Trommeln, Bands, Pfeiffer und Pferde geben», fährt Cohn fort. «Aber eben auch Panzer und Kampfjets. Es wird eine Machtdemonstration sein. Und ich glaube, die Leute werden es nach dieser Woche schwer haben, diese Machtdemonstration und die Machtdemonstration auf den Strassen von Los Angeles auseinanderzuhalten.»
Trump politisiert Militär
Diese Woche sei die Woche gewesen, in der der Präsident das Militär politisiert habe, schreibt die «Washington Post» in einem Meinungsbeitrag. Lindsay Cohn pflichtet dem bei: «Wir befinden uns an einem Punkt, an dem die politische Führung offenbar gezielt versucht, die militärische Führung mit einer politischen Agenda in Einklang zu bringen.»
Noch verfüge das US-Militär über ein hohes Mass an Professionalität und normative Leitplanken, sagt Cohn. «Aber ich weiss nicht, wie stark diese sind, und wie lange sie noch halten werden.»