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Trump will Truppen aus Deutschland abziehen
Aus Rendez-vous vom 11.06.2020. Bild: Keystone
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Trump provoziert Deutschland «Der Abzug von US-Truppen wäre ein ungeheures Eigengoal»

US-Präsident Donald Trump erwägt den Abzug von 9500 der rund 35’000 US-Soldaten aus Deutschland. Die USA hätten Berlin über solche «Überlegungen» informiert, bestätigte am Mittwoch eine deutsche Regierungssprecherin.

Stig Förster

Stig Förster

Em. Professor für Neuste Allgemeine Geschichte

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Stig Förster ist ein deutscher Historiker, spezialisiert auf Militärgeschichte. Er ist emeritierter Professor für Neueste Allgemeine Geschichte an der Universität Bern.

SRF News: Was will US-Präsident Donald Trump mit seinen «Überlegungen» erreichen?

Stig Förster: Das wissen wir noch nicht. Sehr wahrscheinlich geht es aber gar nicht um den Abzug von Truppen, sondern darum, die Bundesregierung zu provozieren – und damit auch gleich alle Nato-Mitglieder. Verteidigungsspezialisten befürchten, dass Trump im Fall seiner Wiederwahl den Austritt der USA aus der Nato antreten wird. Was aktuell läuft, könnte das Vorspiel sein.

Was steckt hinter der Provokation Deutschlands?

Trump hat bekanntlich ein grosses Problem mit Deutschland. Er will schon seit langem den Handelsüberschuss mit den USA reduzieren und droht darum dauernd mit Zollerhöhungen. Dazu kommt Trumps zutiefst gestörtes Verhältnis mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ihm ihre Verachtung mehr oder weniger deutlich zu erkennen gibt. Darauf reagiert Trump entsprechend irrational. Dazu kommt drittens – und durchaus berechtigt – der Umstand, dass Berlin die Zusagen zur Erhöhung des Verteidigungsetats auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts bisher nicht eingehalten hat.

Die USA haben ihr Truppenkontingent seit Ende des Kalten Krieges 1990 sukzessive reduziert. Wäre es schlimm, wenn sie noch mehr Soldaten abziehen?

Für Deutschland wäre das nicht schlimm, aber für die USA. Denn der Stützpunkt in Ramstein und die wichtigen Militärspitäler in Deutschland sind die grosse Drehscheibe für US-Militäroperationen in Afrika und in Asien. Deutschland ist also für die USA einer der wichtigsten Stützpunkte im Ausland überhaupt. Diesen zu beschädigen, wäre ein ungeheures Eigengoal.

Deutschland ist für die USA einer der wichtigsten Stützpunkte im Ausland. Diesen zu beschädigen, wäre ein ungeheures Eigengoal.
Autor: Stig Förster

Der ehemalige US-Truppenbefehlshaber in Europa, Ben Hodges, wirft Trump vor, er verstehe die Wichtigkeit des Stützpunkts für die Sicherheit Amerikas nicht. Hat er recht?

Trump versteht von militärischen Zusammenhängen ganz eindeutig nichts. Er hört auch nicht auf kompetente Berater und weigert sich, die entsprechenden Schriftstücke zu lesen. Stattdessen schaut er nur Fox News und Ähnliches und ist somit einfach nicht in der Lage, zu begreifen, was er anrichtet. Das gilt aber auch für die Ja-Sager in seinem Umfeld. Etwa den ehemaligen Botschafter der USA in Berlin, Richard Grenell.

Trump versteht von militärischen Zusammenhängen ganz eindeutig nichts und hört auch nicht auf kompetente Berater.
Autor: Stig Förster

Die Deutschen erfüllen ihr Nato-Verpflichtungen nicht. Hat Trump damit nicht recht?

In dieser Hinsicht hat Trump durchaus recht. Nur hat der Abzug von US-Truppen damit eigentlich gar nichts zu tun. Es wäre die völlig falsche Reaktion und würde die Bundesregierung bezüglich Sicherheit eher marginal treffen. Es geht also vor allem um die amerikanischen Sicherheitsinteressen.

Sehr problematisch ist aus deutscher Sicht ist allerdings: Wenn die USA Truppen abziehen und Stützpunkte schliessen, gehen tausende Arbeitsplätze in den strukturschwachen Regionen verloren.

Offiziell haben die USA noch nicht entschieden. Rechnen Sie mit einem Truppenabzug?

Der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum, sagte kürzlich in einem Interview, Donald Trump sei alles zuzutrauen. Wenn er das täte, wäre es komplett irrational.

Die Frage ist allerdings, wie das amerikanische Verteidigungs-Establishment darauf reagiert und ob Trump das wirklich durchziehen könnte. Immerhin haben schon mehr als 24 republikanische Kongressabgeordnete dagegen protestiert.

Das Gespräch führte Daniel Hofer.

Rendez-vous, 11.06.2020, 12:30 Uhr;

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