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Trump verbietet Transaktionen «WeChat könnte stärker als TikTok betroffen sein»

US-Präsident Donald Trump geht gegen die chinesischen Tech-Konzerne Tencent und Bytedance vor. Diese stehen hinter den beliebten Diensten TikTok und WeChat. Trump verfügte, dass mit den beiden Konzernen keine Transaktionen mehr abgewickelt werden dürfen. Die Verfügung tritt gegen Ende September in Kraft.

Martin Aldrovandi

Südostasien-Korrespondent

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Martin Aldrovandi berichtet seit Frühjahr 2023 als Korrespondent für Radio SRF aus Südostasien. Zuvor war er von 2016 bis Sommer 2022 Korrespondent für Radio SRF in Nordostasien mit Sitz in Schanghai. Davor hatte er mehrere Jahre lang als freier Journalist aus dem chinesischsprachigen Raum berichtet.

SRF News: Transaktionen mit Tencent und Bytedance sollen verboten werden. Was heisst das konkret?

Martin Aldrovandi: Das Problem ist, dass wir nicht genau wissen, welche Transaktionen davon abgedeckt werden. Es ist eher vage formuliert – und ja auch nicht ganz klar, ob Trumps Verfügung überhaupt rechtens ist oder ob das noch angefochten wird. Stärker als TikTok könnte die App WeChat betroffen sein.

Je nachdem, wie stark WeChat eingeschränkt wird, könnte das grosse Auswirkungen auf die Kommunikation mit Chinesen haben.

WeChat ist ja nicht nur in China verbreitet, sondern auch bei Menschen, die im Ausland leben und über die App mit Freunden und Bekannten in China kommunizieren. Je nachdem, wie stark das eingeschränkt wird, könnte das grosse Auswirkungen auf die Kommunikation mit Chinesen haben. Auch ich bleibe dank WeChat mit Freunden und Bekannten in China in Kontakt – auch wenn ich in der Schweiz bin, weil viele andere Apps in China kaum genutzt werden oder gesperrt sind.

Diese Seiten sind in China gesperrt

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Es sei ironisch, dass die chinesischen Behörden die Sperrung von chinesischen Apps so heftig kritisieren, sagt Aldrovandi. «China hat umgekehrt ganz viele Seiten gesperrt – vor allem solche aus den USA.»

Darunter fallen:

  • Google, Youtube
  • Twitter
  • Facebook, Instagram, WhatsApp
  • Wikipedia
  • Netflix
  • Zoom
  • Vimeo
  • Twitch
  • Medien wie BBC, Reuters, The New York Times, The Guardian, Spiegel Online

(Quelle: Wikipedia)

Welche Herausforderungen könnte das im Alltag mit sich bringen, wenn gegen Ende September nun keine Transaktionen mehr mit WeChat möglich sind?

Das könnte grosse Herausforderungen mit sich bringen, und vor allem eben Unsicherheit. Wenn Sie in den USA leben und auf WeChat angewiesen sind, um mit Chinesen zu kommunizieren, dann bräuchten Sie vielleicht in Zukunft ein VPN, um die Zensur zu umgehen. Oder die App ist bereits ausserhalb der USA heruntergeladen, wenn Sie sie im App Store in den USA nicht mehr bekommen.

Eine totale Sperrung von WeChat kann ich mir momentan nicht vorstellen.

Dann ist die Frage auch, was das für Leute heisst, die in den USA zum Beispiel mit WeChat bezahlen möchten, etwa chinesische Touristen, die in Zukunft wieder die USA bereisen wollen. Geht das dann? Machen sich Unternehmen, die den Service anbieten, strafbar? Da gibt es ganz viele offene Fragen, die jetzt noch nicht geklärt sind.

Angenommen, die chinesischen Dienste WeChat und TikTok werden in den USA tatsächlich gesperrt: Umgehen kann man diese Sperrungen ja immer noch?

Ja, das kann man sehr wahrscheinlich. In China selbst greifen ja viele Nutzerinnen und Nutzer auf sogenannte VPN-Apps zurück. Aber die Frage ist natürlich, ob es den Nutzern die Zeit und der Aufwand wert sind, um die Sperrung zu umgehen. Vielleicht lässt man es einfach bleiben und sucht sich eine andere App. Es ist auch nicht klar, ob sie die App einfach aus den App-Stores in den USA entfernen – und falls dem so ist, ob die Leute, die die App schon haben, sie weiter benutzen dürfen. Eine totale Sperrung kann ich mir aber momentan nicht vorstellen.

USA-Korrespondent von Grünigen über die amerikanische Sichtweise

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«Es gibt aus amerikanischer Sicht durchaus Gründe, die Tätigkeit chinesischer Tech-Konzerne genau unter die Lupe zu nehmen. Aber, dass Präsident Trump gerade jetzt so vehement vorgeht, dürfte mit dem Wahlkampf hier in den USA zusammenhängen. Trump versucht sich so, als Mann der Tat zu präsentieren und die Aufmerksamkeit auf die Eskalation mit China zu lenken, während in den USA täglich über tausend Menschen am Corona-Virus sterben.»

Der Handelskrieg zwischen China und den USA dauert nun schon über zwei Jahre, jetzt geht Trump offensiv gegen zwei grosse chinesische Tech-Firmen vor. Gibt es bereits Reaktionen aus China?

Ja, die gibt es. China hat ein solches Vorgehen immer wieder kritisiert. Zum aktuellen Fall hat das chinesische Aussenministerium heute gesagt, dass man die Rechte und die legitimen Interessen von chinesischen Unternehmen schützen werde. Man kann sich auch vorstellen, dass eine Retourkutsche von China kommt.

Das Gespräch führte Rino Curti.

SRF 4 News, 7.8.2020, 10.15 Uhr ; 

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