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Trump zur Lage der Nation ...und plötzlich soll alles viel besser sein

Es war wie immer, wenn Präsident Trump sprach. Kommentatoren mussten zuerst beurteilen, was für den Präsidenten der USA eigentlich das Normalste der Welt sein müsste. Die Frage nämlich, ob er «präsidial» aufgetreten sei. Ob er in einem gemässigten Ton eine Rede vom Teleprompter ablesen konnte, ohne brüskierende Zwischenkommentare, ohne schwer verdauliche Seitenhiebe. Es sei vorweg genommen: Er konnte es.

Als hätte es den Twitter-Polterer nie gegeben

Fast 600 Parlamentarier und Gäste am Capitol Hill und zwischen 30-50 Millionen Amerikaner an den Bildschirmen hörten einen Präsidenten, der «normal» seine bisherige Politik und seine Vision für die USA zum besten gab. Als hätte es den Twitter-Polterer nie gegeben, auch nicht den verschwörerischen Demagogen Trump mit all seinen Angriffen auf Minderheiten, Presse und Justiz. Mindestens rhetorisch versuchte Donald Trump wiederholt das Land nach einem Jahr tiefster Zerrissenheit mit positiven und patriotischen Botschaften zu einen.

Wenig war zu hören von der dunklen Rhetorik der Inaugurations-Rede, als er den Zustand Amerikas als Massaker bezeichnete. Die USA seien wieder auf einem guten Weg. Wirtschaft, Aktien- und Arbeitsmärkte florierten. Ein schlechter Verkäufer wäre er, würde er diese positiven Daten nicht sich selbst und seiner eigenen Präsidentschaft zuschreiben, auch wenn das in der Realität längst nicht zu 100 Prozent zutrifft. «It’s the economy, stupid», wusste schon Präsident Clinton, weiss auch der ehemalige Konzernchef Donald Trump.

Trump tönte über weite Strecken wie ein konventionell republikanischer Präsident, der die Wirtschaft durch Steuererleichterungen und Deregulierungen vorantreiben will und konservative Wertvorstellungen in der Gesellschaftspolitik bewahren will.

Ein Vorschlag ohne Chance

Er forderte den Kongress auf, die zerfallende Infrastruktur der USA mit einem 1,5 Billionen-Plan zu erneuern. Und er bewarb seinen umstrittenen Plan für die Immigrationsreform. 1,8 Millionen illegal eingereiste Menschen sollen die Staatsbürgerschaft erlangen, im Gegenzug sollen über 20 Milliarden Dollar für die Mauer zu Mexiko gesprochen werden und die Visa Lotterie abgeschafft werden. Ein Vorschlag, der in dieser Form wohl keine Chance haben wird.

Trotzdem: In der Rolle von gestern Abend wäre Präsident Trump eine gewisse Erleichterung für die USA. Auch für seine erbittertsten Gegner. Denn egal, was sie von seiner Politik halten, sie wüssten wenigstens verlässlich, woran sie wären.

Nicht die einzige Rolle

Das Problem ist, der präsidiale Trump, Trump der Brückenbauer, es ist nicht die einzige Rolle, die Trump spielt. Oft nur wenige Stunden nach einem moderaten Auftritt wie heute übernehmen wieder der Twitterer-Trump mit verbalen Rundumschlägen unter der Gürtellinie oder der Populist Trump mit seiner diffusen Angstmacher-Politik. Sie stellen den präsidialen Trump stilistisch und inhaltlich dauernd in Frage, untergraben und diskreditieren ihn. Geschehen ist das im vergangenen Jahr wieder und wieder. Und es ist ein Grund, warum Präsident Trump für viele so schwer berechenbar und nur wenig glaubwürdig ist. Daran wird sich wohl auch nach der heutigen Rede nicht viel ändern.

Peter Düggeli

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SRF-Korrespondent Peter Düggeli arbeitet seit Sommer 2015 in Washington. Er ist seit 2010 bei SRF. Düggeli studierte an der Universität Freiburg Geschichte und Englisch und schloss sein Studium 1999 mit einem Lizenziat ab.

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