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Trumps zahme Polizeireform Viel Law & Order – wenig Biss

Präsident Trumps Auftritt im Rosengarten des Weissen Hauses war über weite Strecken ein Bekenntnis für die Polizeiarbeit. Die Amerikaner wollten «Ruhe und Ordnung», auch wenn sie das im Moment angesichts der Massenproteste gegen Polizeigewalt nicht laut zu sagen wagten, betonte Präsident Trump im Wahlkampf-Modus.

Würgegriff soll verboten sein

Zwar setzt Präsident Trump einige Forderungen der Bürgerrechtsbewegung um. Würgegriffe zur Ruhigstellung sollen verboten werden – ausser in für Polizisten lebensbedrohlichen Lagen. Eine nationale Datenbank für exzessive Gewaltanwendung durch Polizeikräfte wird errichtet – aber nur Polizeibeamte, die zuvor einen «fairen Prozess» erhalten hätten, sollen darin erscheinen. Bei der Ausbildung und Lizenzierung sollen nationale «Best Practices» gelten. Bundesgelder sollen Reform-Anreize für lokale Polizeidepartemente schaffen. Vermehrt sollen Sozialarbeiterinnen an der Seite der Polizei bei Notrufen zum Einsatz kommen.

Und trotzdem ist die Polizeireform von Präsident Trump eine Minimal-Vorlage, die sich an den Bedürfnissen der Ordnungskräfte orientiert. Die Vorschläge erarbeitet hat eine Kommission, ausschliesslich besetzt mit Vertretern der Strafverfolgung. Die schwarze Bürgerrechtsorganisation NAACP reichte deswegen Klage ein. Zuspruch für die Reformvorschläge erhält Präsident Trump von der Polizeigewerkschaft «Fraternal Order of Police», die in Minneapolis im Clinch mit den Behörden steht, weil sie delinquente Polizisten schützt.

Griff zum Reform-Samthandschuh

Interessant ist, was die Trump-Regierung nicht tut. Sie plant zum Beispiel keine Untersuchungen gegen Polizeidepartemente, wo es zu gehäuften Gewaltproblemen kommt, sie strebt auch kein systematisches Monitoring an, wie es noch während der Obama-Regierung der Fall war. Diese setzte mit Hilfe von Gerichten bei 14 Polizeidepartementen Reformen durch. Das Justizdepartment unter Trump hat dieses Machtmittel fallengelassen, Untersuchungen eingestellt.

Und nun greift Trump zu den Reform-Samthandschuhen. Seine Anordnung zur Polizeireform wird die Aktivisten, die in den letzten Wochen auf die Strasse gegangen sind, nicht zufriedenstellen, aber die Trump-Wähler und -Wählerinnen, die nach Recht und Ordnung rufen, schon.

Isabelle Jacobi

USA-Korrespondentin, SRF

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Nach dem Studium in den USA und in Bern arbeitete Jacobi von 1999 bis 2005 bei Radio SRF. Danach war sie in New York als freie Journalistin tätig. 2008 kehrte sie zu SRF zurück, als Produzentin beim Echo der Zeit, und wurde 2012 Redaktionsleiterin. Seit Sommer 2017 ist Jacobi USA-Korrespondentin in Washington.

Echo der Zeit, 16.06.2020; 18 Uhr

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