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Frau mit Kind vor Zelten
Legende: Unter den Vertriebenen sind viele, die vor Naturkatastrophen geflüchtet sind – etwa Menschen, die durch den Wirbelsturm Idai in Mosambik ihr Zuhause verloren haben. Reuters

Über 45 Millionen Menschen So viele Binnenflüchtlinge wie noch nie

  • 45.7 Millionen Menschen lebten Ende 2019 nach der Flucht vor Konflikten und Gewalt fernab ihrer Heimat.
  • Das berichtet die Beobachtungsstelle für intern Vertriebene (IDMC) in Genf.
  • Im Jahr davor waren es 41.3 Millionen Menschen.

Erstmals zählten die Autoren auch Binnenflüchtlinge, die vor Naturkatastrophen geflohen und bis Ende des Jahres noch nicht zurückgekehrt waren: Betroffen waren 5.1 Millionen Menschen. Darunter waren viele durch Dürre in Afghanistan und Monsunregen in Indien Vertriebene.

Allerdings waren im Verlaufe des Jahres 2019 noch viel mehr Menschen auf der Flucht im eigenen Land: Neu wurden insgesamt 33.4 Millionen vertrieben, drei Viertel von ihnen wegen Umweltkatastrophen. Viele Menschen konnten dann vor Jahresende aber zurück an ihre Wohnorte. Dennoch sind die wirtschaftlichen Kosten durch Arbeitsausfall und durch ihre Versorgung enorm: umgerechnet mehr als 19.46 Milliarden Franken im Jahr.

Politiker, Generäle und Diplomaten müssen die Stillstände überwinden und nach Waffenruhen und Friedensgesprächen streben, nicht nach Waffen und Granaten.
Autor: Jan Egeland Hilfsorganisation Norwegian Refugee Council

18.3 Millionen Kinder betroffen

Das Schicksal der Menschen, die zwar aus ihren Wohnorten vertrieben, aber nicht über Grenzen geflüchtet seien, werde international zu wenig beachtet, meinte Jan Egeland, Chef der Hilfsorganisation Norwegian Refugee Council, zu der die Beobachtungsstelle gehört: «Wir versagen alle dabei, die gefährdetsten Menschen der Welt zu schützen», sagte er.

«Politiker, Generäle und Diplomaten müssen die Stillstände überwinden und nach Waffenruhen und Friedensgesprächen streben, nicht nach Waffen und Granaten», so Egeland weiter. Unter den Ende 2019 Vertriebenen waren 18.3 Millionen Kinder unter 14 Jahren. Drei Viertel der Menschen lebten in zehn Ländern – die meisten in Syrien, in Kolumbien, im Kongo, im Jemen und in Afghanistan.

Coronakrise als Chance

Die deutsche Direktorin für Strategie und Forschung, Bina Desai, sieht gerade in der Coronakrise eine Chance, die Lage in den betroffenen Ländern zu verbessern. «Zwar müssen ausländische humanitäre Helfer abziehen, aber die lokalen Kräfte sind ja vor Ort», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Die Zivilgesellschaft müsse widerstandsfähiger gegen Gewalt und Konflikte gemacht werden.

Dabei müsse auch manchmal in Kauf genommen werden, mit Akteuren zusammenzuarbeiten, die nicht demokratisch legitimiert seien, sagte sie: «Meist ergibt sich eine Chance durch eine politische Gelegenheit, etwa einen Regierungswechsel wie in Äthiopien.» Dort sowie in Somalia, Uganda oder Afghanistan gebe es vielversprechende Ansätze, um die Zahl von intern Vertriebenen zu reduzieren.

Vorhandene Einrichtungen stärken

Afghanistan sei etwa dabei, intern Vertriebenen Land zu geben. In Somalia setze die Regierung nicht mehr alles daran, Vertriebene an ihren einstigen Wohnort zurückzubringen, wo sie womöglich ihrerseits Menschen, die in ihre Wohnungen gezogen sind, vertreiben. Manchmal wollten die Vertriebenen selbst lieber in ihrer neuen Heimat integriert werden, schreibt die Beobachtungsstelle.

Der Teufelskreis von Krise, humanitärer Nothilfe und neuer Krise müsse durchbrochen werden, sagte Desai. Wichtiger als der parallele Aufbau von Bildungs- und Gesundheitsstrukturen für Vertriebene sei es, die vorhandenen Schulen, Spitäler und die lokale Wirtschaft zu stärken.

SRF 4 News, 28.4.2020, 6 Uhr ; 

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