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Über den Fall Amini berichtet Preisgekrönte iranische Journalistinnen zu langer Haft verurteilt

  • Im Iran sind zwei preisgekrönte Journalistinnen im Zusammenhang mit den Protesten im Herbst 2022 zu langen Haftstrafen verurteilt worden.
  • Ein Revolutionsgericht verhängte für Nilufar Hamedi sieben Jahre und für Elaheh Mohammadi sechs Jahre Gefängnis, wie das Justizportal Misan verkündete.
  • Beide wurden der Zusammenarbeit mit den USA beschuldigt und wegen Verstössen gegen die nationale Sicherheit verurteilt.
  • Gegen die Urteile kann Berufung eingelegt werden.

Das iranische Gericht verhängte neben den Haftstrafen zudem ein zweijähriges Verbot gegen die Frauen, sich in Gruppen zu organisieren, in den sozialen Medien aktiv zu sein oder ihrer Arbeit als Journalistinnen nachzugehen. Seit mehr als einem Jahr sind Hamedi und Mohammadi bereits inhaftiert – diese Zeit gilt als bereits verbüsst. Das Justizportal veröffentlichte das Urteil an Hamedis Geburstag: Sie ist 31 Jahre alt geworden.

Die beiden Journalistinnen waren im Herbst 2022 unter den Ersten, die über den Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini berichteten. Sittenwächter hatten die junge Frau wegen eines angeblich schlecht sitzenden Kopftuchs gewaltsam festgenommen, Amini fiel ins Koma und starb nur wenige Tage später am 16. September 2022. Hamedi recherchierte zum Zeitpunkt des Todes als Journalistin der Zeitung «Shargh» im Spital und veröffentlichte ein Foto der trauernden Eltern, das um die Welt ging.

Proteste im ganzen Land

Es folgte eine landesweite Welle der Empörung und Fassungslosigkeit. Viele Familien sagten: Das hätte auch meiner Tochter passieren können. Die Proteste breiteten sich wie ein Lauffeuer aus und entfesselten vor allem die Wut der jungen Generation. Die Aufstände stürzten Irans Staatsführung in die schwerste Krise seit Jahrzehnten.

Ein Demonstrationszug in Berlin mit vielen Menschen und vielen iranischen Flaggen.
Legende: Internationale Solidarität: Anlässlich des Todestages von Jina Mahsa Amini nahmen am 16. September 2023 Hunderte Menschen an einer Kundgebung in Berlin teil. Keystone/EPA/CLEMENS BILAN

Auch Mohammadi schrieb über Amini, reiste für ihren Arbeitgeber «Hammihan» zur Beerdigung in ihre kurdische Heimatstadt Saghes, wo Menschenmassen hinströmten. Nur sechs Tage nach ihrem Tod durchsuchten Sicherheitskräfte die Wohnung der Journalistin Hamedi und nahmen sie fest. Mohammadi kam eine Woche später in Haft.

Iranerin nach möglicher Konfrontation mit Moralpolizei hirntot

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Nach einer mutmasslichen Konfrontation mit den Sittenwächtern ist eine 16-jährige Iranerin einem Medienbericht zufolge anscheinend hirntot. Wie die iranische Nachrichtenagentur Tasnim am Sonntag berichtete, gehen die Ärzte trotz grösster Anstrengungen nun vom Hirntod von Armita Garawand aus.

Der Fall der 16 Jahre alten Schülerin hatte Anfang Oktober grosse Empörung ausgelöst. Die junge Frau soll Berichten von Menschenrechtlern zufolge in einer U-Bahn gewaltsam mit den Sittenwächtern zusammengestossen sein, weil sie kein Kopftuch trug. Seit Wochen bereits liegt sie im Koma. Staatsmedien dementierten Gewalt seitens der Moralpolizei. Garawand sei wegen niedrigen Blutdrucks gestürzt und mit dem Kopf aufgeschlagen, lautete die offizielle Erklärung. Garawands Schicksal erinnert viele Iranerinnen und Iraner an den Fall von Jina Mahsa Amini.

Vor einem Revolutionsgericht in Teheran, dessen Vorsitzender Richter Abolghassem Salawati für besonders harsche Urteile bekannt ist, wurde das Verfahren verhandelt. Seit mehr als zehn Jahren ist der Mann durch die EU bereits mit Sanktionen belegt. Im Rahmen der jüngsten Protestwelle sprach Salawati mehrere Todesurteile gegen Demonstranten.

Fast 100 Medienschaffende festgenommen

Am letzten Verhandlungstag sagte Mohammadi in ihrer Verteidigung: «Ich hatte nie eine Verbindung zu einer ausländischen Regierung und bin stolz darauf, an der Seite der Menschen geblieben zu sein, um ihre Stimme zu sein.» Sie warf der iranischen Justiz vor, dass diese an beiden Journalistinnen ein Exempel statuieren wolle.

Mehr denn je ist es wichtig, alle Journalistinnen zu würdigen, die an der Ausübung ihrer Arbeit gehindert werden.
Autor: Audrey Azoulay Unesco-Generaldirektorin

Wie vehement der Staat gegen Medienschaffende während der Proteste vorging, zeigt auch ein Blick auf Daten des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) in New York: Fast 100 Medienvertreter wurden festgenommen, ein Grossteil von ihnen ist inzwischen wieder auf Kaution frei. Auch Familienangehörige wurden unter Druck gesetzt.

International erhielt der Fall grosse Aufmerksamkeit. Während Hamedi und Mohammadi im Gefängnis sassen, zeichnete die Unesco die Frauen für ihre Berichterstattung Anfang Mai in Abwesenheit mit dem Pressefreiheitspreis der aus. «Mehr denn je ist es wichtig, alle Journalistinnen zu würdigen, die an der Ausübung ihrer Arbeit gehindert werden», begründete die Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay.

SRF 4 News, 22.10.2023, 12:30 Uhr;

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