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Ukraine-Telefonat Die US-Demokraten riskieren, in Trumps Falle zu tappen

Die Lektüre des Telefon-Mitschnitts ist spannend: Zwei Politiker klopfen sich gegenseitig auf die Schultern, man schimpft über gemeinsame Bekannte – Deutschland. Der Schwächere legt sich ein bisschen auf den Rücken, «wir sind bald bereit, mehr Panzerabwehrwaffen zu kaufen», und der Stärkere sagt: «Da gibt es einen Gefallen, den ihr uns tun könnt»: Unter anderem Korruptions-Ermittlungen gegen Hunter und Joe Biden, in Absprache mit dem US-Justizministerium und dem Anwalt von Präsident Trump, Rudy Giuliani. Selenski verspricht, die Angelegenheit umgehend anzupacken.

Stummer Elefant im Raum

Das alles ist nachzulesen, vergeblich sucht man aber den Hinweis auf die zu diesem Zeitpunkt eingefrorene US-Militärhilfe an die Ukraine, in der Höhe von 390 Millionen Dollar. Das Thema bleibt ein stummer Elefant im Raum. Und es fehlt der Beweis, dass Trump die Massnahme eine Woche vor dem Gespräch anordnete, um die Ukraine zu erpressen, wie die Demokraten im Kongress vermuten.

«Kein Quid pro Quo» sagte Präsident Trump am Dienstag schon vor der Veröffentlichung des Telefon-Mitschnitts. Und definiert damit eine juristische Hürde für die Untersuchungen zum Amtsenthebungsverfahren der Demokraten. Er habe keine Gegenleistung verlangt für die Freisetzung der Militärhilfe, diese habe nichts mit dem Ermittlungsbegehren in Sachen Biden zu tun. Das Geld fliesst seit dem 12. September wieder.

Schlachtruf der Republikaner

Es wird den Demokraten überlassen sein, den Gegenbeweis zu erbringen. Doch schaffen sie das? Ihre Amtsenthebungs-Ermittlungen werden es zeigen. Die Chefin der Demokraten im Kongress, Nancy Pelosi, sagt zwar: «Es braucht kein Quid pro Quo» und fährt fort: «Wir bitten nicht ausländische Mächte um Hilfe bei unseren Wahlen. Darum ging es uns schon bei den Russen». Trump habe zudem den Whistleblower-Bericht vertuschen wollen. Das sei bereits ein Verfassungsbruch.

Aber «Kein Quid pro Quo» hat das Potential, zum Schlachtruf der Republikaner werden, analog zum «No collusion» während der Sonderermittlung von Robert Mueller. Diese fand schliesslich keine handfesten Bewiese für eine Verschwörung zwischen der Trump-Kampagne und den Russen. Die Demokraten gehen das Risiko ein, erneut in die Falle eines politschen Gegners zu tappen, der genau weiss, wie man in der Grauzone der Legalität agiert. Ohne sich erwischen zu lassen.

Isabelle Jacobi

USA-Korrespondentin, SRF

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Nach dem Studium in den USA und in Bern arbeitete Jacobi von 1999 bis 2005 bei Radio SRF. Danach war sie in New York als freie Journalistin tätig. 2008 kehrte sie zu SRF zurück, als Produzentin beim Echo der Zeit, und wurde 2012 Redaktionsleiterin. Seit Sommer 2017 ist Jacobi USA-Korrespondentin in Washington.

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