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Ukraine unter Beschuss Die Stimmen aus Kiew werden wütender

Die heutigen Wortmeldungen aus Kiew zeugen nicht nur von Verzweiflung, sondern auch von nur mühsam unterdrückter Wut. Die Sicherheitsexpertin Maria Avdeeva etwa schrieb auf der Plattform X: «Russland hat Kiew die ganze Nacht bombardiert. Regierungsgebäude brennen, über dem Maidan-Platz schwebt Rauch. Es ist Krieg in Europa. Scheingespräche kaufen Russland lediglich Zeit, um mehr Terror zu verbreiten, Russland muss jetzt gestoppt werden.» 

Über 800 Kamikaze-Drohnen, Marschflugkörper und ballistische Raketen hat Moskau diese Nacht auf die Ukraine abgefeuert, so viele wie noch nie. Die ukrainische Luftabwehr wurde überwältigt. In der Hauptstadt starben mindestens vier Menschen. Eine Drohne traf die Wohnung einer jungen Frau mit einem Neugeborenen und tötete die beiden, wie eine Nachbarin berichtete.

Das Herz des politischen Kiew wurde getroffen

Erstmals seit Beginn der russischen Grossinvasion wurde auch das Regierungsviertel, das Herz des politischen Kiew, getroffen. Das Dach und die oberen Etagen des Regierungssitzes brannten aus. Es ist vorerst unklar, ob das Feuer durch die Trümmer einer abgeschossenen Drohne ausgelöst wurde, oder durch einen direkten Einschlag.  

Drei Wochen nach dem Treffen von Russlands Machthaber Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump in Alaska eskaliert der Kreml den Luftkrieg. US-Sanktionen sind vom Tisch, eine Waffenruhe auch, echte Verhandlungen sind in weite Ferne gerückt.

Kiew: Die russische Offensive hat System

In dieser Zeit hat Russland eine US-amerikanische Fabrik in der Westukraine bombardiert, die Büros der EU und Grossbritanniens in der Hauptstadt Kiew beschädigt, und mit einer Rakete einen Konvoi von Minenräumern im Norden der Ukraine angegriffen – zwei Minenräumer des dänischen Flüchtlingsrats wurden dabei getötet.

Die Beobachter im Land sind überzeugt: Das hat System, der Kreml will die Schwäche der westlichen Verbündeten offenlegen. Die sogenannte Koalition der Willigen verstrickt sich derweil in weitgehend fruchtlosen Diskussionen über eine westliche Militärpräsenz in der Ukraine, man diskutiert sogar darüber, ob Russland bei Sicherheitsgarantien für die Ukraine mitreden darf – eine Absurdität aus ukrainischer Sicht, ginge es bei der Präsenz doch darum, Russland abzuwehren.

Europa wartet auf die USA – Russland macht vorwärts

Und Europa wartet auf Trump, der sich aber nicht engagieren will und meint, die Europäer seien zuständig in Sachen Sicherheit für die Ukraine, nicht die USA. 

Derweil baut Moskau weitere Drohnen und Raketen und zelebriert den Schulterschluss mit China und Nordkorea. Deshalb klingen auch die heutigen Statements des ukrainischen Aussenministeriums wütend, das die westlichen Unterstützer auffordert, endlich echten Druck auf Russland und seine Kriegsmaschinerie auszuüben und der Ukraine die Waffen zu geben, die das Land brauche, um die russischen Angriffe effektiv abzuwehren.

Judith Huber

Osteuropa-Korrespondentin

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Vor ihrer Tätigkeit als Osteuropa-Korrespondentin war Judith Huber als Sonderkorrespondentin für die Ukraine und als Auslandredaktorin tätig. Sie war zudem jahrelang Produzentin der Sendung «Echo der Zeit» von Radio SRF. Judith Huber befasst sich seit Jahren mit Osteuropa und Russland und mit anderen Ländern des postsowjetischen Raums. Sie spricht sowohl Russisch als auch Ukrainisch.

Info 3, 7.9.2025, 17 Uhr

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