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Heikles Treffen in Russland Syrischer Übergangspräsident im Kreml – das steckt dahinter

Russlands Präsident Putin begrüsst Ahmed al-Scharaa – den Kopf der Rebellenallianz, die Putin einst zu bekämpfen versuchte. Das steckt hinter dem Treffen.

Worum geht es? Russland war einer der engsten Verbündeten von Syrien, als es unter der Herrschaft von Ex-Machthaber Baschar al-Assad stand. Der Kreml unterstützte das syrische Regime im Kampf gegen die heutigen Machthaber unter Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa. Anfang Dezember führte Scharaa als Kopf der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham eine Rebellenallianz an, die Assad stürzte. Dieser floh daraufhin nach Russland, wo ihm und seiner Familie Asyl gewährt wurde. Am Mittwoch nun sind der Kremlchef Wladimir Putin und Syriens Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa in Moskau zu einem Treffen zusammengekommen.

Warum ist Scharaa in Moskau? Offiziell gehe es darum, Beziehungen neu zu definieren, erklärt SRF-Nahost-Korrespondent Thomas Gutersohn. «Scharaa will zeigen, dass er ein neues Syrien aufbauen will und mit der Regierung keinerlei Berührungsängste hat – nicht einmal mit dem einstigen Gegner.» Zudem habe aber Moskau, was Damaskus unbedingt wolle: den früheren Machthaber Baschar al-Assad. «Scharaa will ihn in Damaskus vor Gericht bringen. Das ist sein Versprechen an die syrische Bevölkerung.»

Zwei Männer in Anzügen schütteln sich die Hände vor Flaggen.
Legende: Gastgeber Wladimir Putin (links) empfängt den syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa im Kreml. Reuters/Alexander Zemlianichenko/Pool

Wird der Kreml Assad ausliefern? «Das kann man eher ausschliessen», sagt SRF-Russland-Korrespondent Calum MacKenzie. «Russland hält zu loyalen Verbündeten und stützt auch die unbeliebtesten und umkämpftesten Autokraten, solange sie in ihrer Weltregion die Interessen Russlands vertreten.» Wenn Putin Assad an dessen Erzfeind ausliefern würde, hätte das möglicherweise eine verheerende Signalwirkung für andere Machthaber in der ganzen Welt, die Russland sozusagen als Versicherung betrachten, wie MacKenzie erklärt. Deshalb stelle Assads Auslieferung für Putin wohl die bedeutendste rote Linie in diesen Gesprächen dar.

Russlands Exporte nach Syrien

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Statt Assads Auslieferung wolle Russland der neuen syrischen Regierung anderes bieten, sagt Russland-Korrespondent Calum MacKenzie. «Schon seit Monaten liefert Russland mit seiner Schattenflotte Öl nach Syrien. Und was Syrien auch noch braucht, was Russland hat, sind Weizen und Waffen. Und die syrische Armee ist mit russischen Waffen vertraut, ist aber geschwächt und könnte Nachschub aus Moskau gut gebrauchen.»

Welche Interessen hat der Kreml? Russland unterhält seit Jahrzehnten zwei wichtige Militärbasen auf syrischem Boden. «Das sind die einzigen, die Russland ausserhalb der ehemaligen Sowjetunion hat, und sie spielen logistisch gesehen bei den diversen russischen Vorhaben in Afrika eine zentrale Rolle», sagt SRF-Korrespondent MacKenzie. Als das Assad-Regime stürzte, schien die russische Präsenz in Syrien auf der Kippe zu stehen. Doch mit einer schnellen politischen Reaktion konnte Russland seine Basen vorerst sichern. «Quasi über Nacht hat die russische Propaganda aufgehört, Scharaa als Terroristen zu bezeichnen.» Den neuen syrischen Machthabern sei die Regierung in Moskau auch bald mit Energie- und Lebensmittellieferungen entgegengekommen.

Welche Interessen hat Syrien? Syrien hat neben Truppen aus den USA, der Türkei und Israel auch russische Truppen im Land. «Es kann nicht im Interesse der Übergangsregierung sein, so viele verschiedene ausländische Einheiten im Land zu haben. Denn diese stehen einander feindlich gegenüber und die Gefahr eines Stellvertreterkrieges ist immer präsent», sagt Nahost-Korrespondent Gutersohn. Scharaa werde etwa versuchen, die einen gegen die anderen auszuspielen. Sollten sich zudem die Beziehungen zwischen Syrien und der US-Regierung verschlechtern, sei Damaskus durchaus gewillt, an andere Türen zu klopfen – eben an jene Moskaus.

Echo der Zeit, 15.10.2025, 18 Uhr ; 

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