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Ukrainer gegen Separatisten «Der Kreml wollte bewusst ein deutliches Zeichen setzen»

Die ukrainische Regierung und die von Russland unterstützten Separatisten haben am Sonntag 200 Gefangene ausgetauscht. Darauf hatten sich der russische Präsident Wladimir Putin und sein ukrainischer Amtskollege Wolodimir Selenski vor rund drei Wochen am Ukraine-Gipfel in Paris verständigt. Für SRF-Russland-Korrespondentin Luzia Tschirky ist eine langfristige Annäherung der beiden Länder immer noch in weiter Ferne.

Luzia Tschirky

Russland-Korrespondentin

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Luzia Tschirky ist SRF-Korrespondentin für die Region Russland und die ehemalige UdSSR.

SRF News: Ist der Gefangenenaustausch ein Schritt der Annäherung zwischen den Konfliktparteien in der Ostukraine?

Luzia Tschirky: Es ist auf alle Fälle der grösste Gefangenenaustausch seit 2017. Und ja, es ist ein weiterer Schritt, der deutlich macht, dass Bewegung in die über längere Zeit eingefrorenen Friedensverhandlungen gekommen ist. Jedoch wird sich die Lösung des Konflikts noch über längere Zeit hinziehen.

Dem Kreml geht es darum, sich aus dem Konflikt möglichst ungestört zurückziehen zu können, ohne dabei einen Gesichtsverlust zu riskieren.

Was genau erhofft sich der Kreml von der Annäherung zwischen der Ukraine und den von Russland unterstützten Separatisten?

Grundsätzlich geht es dem Kreml darum, sich aus dem Konflikt möglichst ungestört zurückziehen zu können, ohne dabei einen Gesichtsverlust zu riskieren. Bei dem Gefangenenaustausch wollte der Kreml wohl bewusst ein deutliches Zeichen gegenüber den russischen Sondereinheiten im eigenen Land setzen, welche die Macht des Kremls bei Demonstrationen stellvertretend durchsetzen.

Denn diese Sondereinheiten haben ein Auge darauf, wie der Kreml mit ehemaligen ukrainischen Sondereinheiten umgeht, die im Auftrag der einstigen prorussischen Regierung in Kiew für ihr hartes Vorgehen berüchtigt waren. Damit lässt sich erklären, weshalb der Kreml auf den Austausch von fünf bestimmten Gefangenen besonders drängte: Es waren ehemalige Angehörige der ukrainischen Sondereinheit Berkut.

Selenski versprach bei seiner Wahl, er werde den Konflikt beenden. Passt der Gefangenenaustausch also in sein politisches Programm?

Ja, das stand ganz oben auf Selenskis Prioritätenliste. Allerdings ist der Preis, den Selenski innenpolitisch dafür zahlt, sehr hoch. Besonders der Austausch der Berkut-Sondereinheiten sorgt für grossen Unmut in der Ukraine, da diese Personen wegen des Verdachts auf Beteiligung an der Erschiessung von unbewaffneten Demonstranten bei den Protesten auf dem Maidan vor fast sechs Jahren angeklagt waren. Dieser Austausch wurde auch von Angehörigen der Leute kritisiert, die damals erschossen wurden.

Ein Aktivist sagte, er könne nicht verstehen, wieso die Ukraine auf Putins Angebot einging, da man mutmasslichen Mördern so die Freiheit verschaffe.

Unter ihnen sind proeuropäische Aktivisten, die an der Entstehung des friedlichen Maidan-Protests entscheidend beteiligt waren. Einer von ihnen sagte, er könne nicht verstehen, wieso die Ukraine auf Putins Angebot einging, da man mutmasslichen Mördern so die Freiheit verschaffe.

Es war nicht der erste Austausch dieser Art zwischen Russland und der Ukraine. Dennoch hat sich bisher nicht viel verändert. Ist das jetzt anders?

Das ist schwer abzuschätzen. Laut Zahlen ukrainischer Behörden befinden sich noch immer über 200 Ukrainerinnen und Ukrainer in Gefangenschaft in Russland oder in von Russland unterstützten Gebieten der Separatisten.

Laut ukrainischen Behörden befinden sich noch immer über 200 Ukrainerinnen und Ukrainer in Gefangenschaft.

Hinzu kommen weitere umstrittenen Punkte – beispielsweise die Kontrolle über die ukrainisch-russische Grenze oder die Rahmenbedingungen von Lokalwahlen in den von Russland unterstützten, abtrünnigen Gebieten. Diese werden damit nicht gelöst. Ob der Gefangenenaustausch wirklich eine langfristige Annäherung bringt, das sehe ich doch eher vorsichtig.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

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