Südkorea gilt als hochtechnisierte Wirtschaftsnation und exportiert sein schillerndes Musik- und Filmschaffen in die Welt: Die K-Pop-Boygroup BTS, der Netflix-Hit Squid Game und der Oscar-Abräumer Parasite haben die Popkultur im Sturm erobert.
Im Kontrast zum cleanen, modernen Image steht eine kulinarische Tradition, die Tierfreunde erschaudern lässt: Denn in Südkorea gilt Hundefleisch als Delikatesse. Es ist sogar das einzige Land der Welt, in dem es Hundefarmen in industriellem Massstab gibt.
Damit ist nun aber Schluss: Denn das südkoreanische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, das dem Verzehr von Hundefleisch ein Ende setzen soll. Die Abgeordneten in Seoul billigten heute ein Sondergesetz, das die Zucht, das Schlachten und den Vertrieb von Hunden für den menschlichen Verzehr unter Strafandrohung verbietet.
Wie schon Konfuzius gesagt hat…
Der Verzehr von Hundefleisch hat eine jahrhundertealte Tradition in der südkoreanischen Küche. «Traditionalisten berufen sich auf Konfuzius, der bestimmte Hunderassen als Haustiere und andere als für den Verzehr geeignet klassiert hat», weiss Fabian Kretschmer. Er hat jahrelang für deutschsprachige Medien aus Südkorea berichtet.
Zur natürlichen Autorität des chinesischen Philosophen, der vor rund 2500 Jahren gelebt hat, kommt Nostalgie: Viele ältere Menschen im Land hätten noch die Zeit nach dem Koreakrieg (1950-53) erlebt, sagt Kretschmer. «Das Land war damals extrem arm und Hundefleisch war das einzige Fleisch, das verfügbar war.» Gerade ältere Männer würden die Vergangenheit gerne mit dem Besuch eines Hundefleischrestaurants wieder aufleben lassen.
Für eine SRF-Reportage hat Kretschmer in Seoul selbst Hundefleisch gegessen. Die Erinnerungen an den Geschmack sind verblasst. «Erinnern kann ich mich aber noch gut daran, dass ich es nicht geniessen konnte, weil ich zuvor einen Zuchtbetrieb besucht und erlebt hatte, wie die Hunde gehalten werden.»
Unhaltbare Zustände auf Mastbetrieben
Generell seien die Zuchtbetriebe im Land komplett unreguliert. Oft würden die Hunde in Hinterhöfen voller Gitterkäfige gehalten, so der deutsche Journalist. «Es herrscht ohrenbetäubender Lärm und ein bestialischer Gestank. Die Hunde werden unter erbärmlichen hygienischen Bedingungen gehalten.»
Kretschmer berichtet von einem grausamen Schlachtritual: Gerade ältere Koreaner würden glauben, dass Hundefleisch besonders gut schmeckt, wenn man die Tiere mit einem Schlagstock tötet. «Der Adrenalinstoss kurz vor dem Tod soll dafür sorgen, dass das Fleisch besonders zart ist.» Diese Praxis sei zwar schon länger illegal, werde aber in der unregulierten Branche weiter praktiziert.
Den Jungen vergeht der Appetit
Schätzungen zufolge wurden zeitweise bis zu einer Million Hunde pro Jahr für den Handel getötet. Nach Regierungsangaben gibt es 1100 Hundefarmen, welche die Tiere züchten, die landesweit in Restaurants als Delikatesse angeboten werden.
In den vergangenen Jahren nahmen vor allem die Proteste von Tierschützern gegen die Hundefleischindustrie zu. Gleichzeitig ging der Verbrauch stark zurück. Vor allem in der jüngeren und urbanen Bevölkerung ist der Verzehr von Hundefleisch mittlerweile ein Tabu. «Unter ihnen löst das Verbot Erleichterung aus, weil Hunde beliebte Haustiere sind», sagt Kretschmer. Vielen Menschen sei die Tradition schlichtweg fremd geworden.