Zum Inhalt springen

Umstrittene Kryptowährung El Salvador führt Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel ein

  • Als erstes Land weltweit macht El Salvador Bitcoin zum gesetzlichen Zahlungsmittel.
  • Das Parlament stimmte in der Nacht auf Mittwoch mit grosser Mehrheit für einen entsprechenden Gesetzesvorschlag von Präsident Nayib Bukele.
  • Der Einsatz der Kryptowährung ist umstritten, denn der Preis für einen Bitcoin kann sich sprunghaft verändern.

Präsident Nayib Bukele twitterte kurz vor der Abstimmung: «Das wird finanzielle Inklusion, Investitionen, Tourismus, Innovation und wirtschaftliche Entwicklung für unser Land bringen.» Der Vorschlag erhielt 62 von 84 möglichen Stimmen im Parlament, wo die Regierungspartei Nuevas Ideas [Neue Ideen] seit Mai eine Zweidrittelmehrheit innehat.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass in dem mittelamerikanischen Land jeder Händler Bitcoin als Zahlungsmittel annehmen muss, wenn er technisch dazu in der Lage ist. Auch Steuern können in der Kryptowährung bezahlt werden.

Auf den Tausch von Bitcoins soll keine Kapitalertragssteuer erhoben werden. Den Wechselkurs zum US-Dollar werde der Markt frei gestalten.

An einem Stand hängt ein Banner, worauf in spanisch steht, dass Bitcoin akzeptiert wird. Man sieht nebendran den Tresen.
Legende: Der Getränkestand an einem Strand in La Libertad akzeptiert bereits Bitcoin. Reuters

Das Gesetz soll 90 Tage, nachdem es im Amtsblatt erschienen ist, in Kraft treten. El Salvadors Präsident Bukele hatte den Schritt vergangenen Samstag in einer Videobotschaft an einer Bitcoin-Konferenz in den USA angekündigt.

70 Prozent der Bevölkerung des mittelamerikanischen Landes besitzen nach amtlichen Angaben kein Bankkonto. «Aber fast alle besitzen ein Mobiltelefon und können sich über eine App mit dem Finanzsystem verbinden», sagte Spyros Galanis vom Department of Economics an der City Universität in London. «Andererseits kann die extreme Preisvolatilität von Bitcoin diesen für Menschen, die relativ arm sind und keine übermässigen Risiken eingehen wollen, ungeeignet machen.»

Bitcoin erleichtert Überweisungen aus dem Ausland

Mit der Anerkennung von Bitcoin als Zahlungsmittel in El Salvador soll es den im Ausland lebenden Staatsangehörigen auch erleichtert werden, Geld an ihre Familien in der Heimat zu schicken.

Bislang gehe bei Überweisungen «ein grosser Teil dieser sechs Milliarden Dollar an Vermittler verloren», sagte Präsident Bukele kürzlich. Laut der Weltbank machen die Überweisungen aus dem Ausland fast ein Fünftel des Bruttoinlandproduktes aus – eine der höchsten Quoten der Welt.

Experten warnen aber, dass der Bitcoin-Beschluss die Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) erschweren könnte. Dort will sich El Salvador mehr als eine Milliarde Dollar leihen.

Seit 2001 wird in El Salvador nicht mehr eine einheimische Währung, sondern der US-Dollar benutzt. Dadurch ist das Land von der Geldpolitik der US-Notenbank abhängig. Für das Wirtschaftswachstum der Nation sei es nötig, die Zirkulation einer digitalen Währung zuzulassen, deren Wert allein von marktwirtschaftlichen Kriterien abhänge, heisst es im Gesetzestext.

Wechselkurs unterliegt Angebot und Nachfrage

Bitcoin ist die bekannteste Digitalwährung. Sie wird nicht von einer Zentralbank kontrolliert, sondern durch ein dezentrales und enorm energieintensives Computerverfahren geschaffen. Die Kryptowährung gilt als Spekulationsobjekt und ist heftigen Kursschwankungen unterworfen.

Kontrolliert wird die Cyber-Devise, die es seit 2008 gibt, von der Gemeinschaft ihrer Nutzer. Sämtliche Transaktionen werden verschlüsselt in einer gemeinsamen Datenbank, der sogenannten Blockchain, fälschungssicher verbucht.

SRF 4 News, 09.06.2021, 08:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel