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Die Umweltkatastrophe ist selbst aus dem All zu sehen
Aus 10 vor 10 vom 04.06.2020.
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Umweltkatastrophe von Norilsk Russland braucht einen Kulturwechsel

Der unmittelbare Auslöser hinter der ökologischen Katastrophe in Russlands Norden scheint zweifelsohne der Klimawandel zu sein. Seit Jahren warnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davor, dass die Permafrostböden in Russlands Nordens abzusinken drohen. Es gab genügend Anzeichen dafür, dass eine grössere Katastrophe nur noch eine Frage der Zeit sein konnte.

Unzählige Fälle von Städten und Strassen, deren Fundamente in den vergangenen Jahren weggebrochen sind, lassen keinen anderen Schluss zu. Präsident Wladimir Putin erklärte angesichts des Ausmasses der Katastrophe zu Recht den nationalen Notstand.

Doch bis jetzt gibt es keine Anzeichen dafür, dass der Kreml sich des wahren Ausmasses der Bedrohung wirklich bewusst ist. Denn hinter den 20‘000 Tonnen ausgelaufenen Diesels steht weit mehr als ein lokal begrenzter Einzelfall von Misswirtschaft in der Region um die Industriestadt Norilsk. An der Katastrophe zeigen sich eine ganze Reihe von Problemen für die in letzter Konsequenz der Mann im Kreml mitverantwortlich ist.

Geister der Vergangenheit

Es ist die Ineffizienz und ein System, das Loyalität höher bewertet als Kompetenz, die dazu führen, dass man sich 2020 an die Katastrophe von Tschernobyl 1986 erinnert fühlt. So hat es mehrere Tage gedauert bis das Unternehmen Nornickel – eines der grössten Bergbauunternehmen Russlands – und die lokalen Behörden öffentlich über die Katastrophe informierten. Vor Ort musste man sich der Katastrophe längst völlig bewusst gewesen sein. Es waren Umweltaktivisten und Meldungen in den sozialen Medien, die eine weitere Geheimhaltung der Katastrophe unmöglich machten.

Putin wies den lokalen Gouverneur mit aussergewöhnlich harten Worten zu Beginn der Woche öffentlich in die Schranken. Doch letztendlich hat es der Kreml selbst zu verantworten, dass es in den Regionen an Führungskompetenzen und Krisenmanagement mangelt. Schliesslich setzt niemand anderes als der Präsident persönlich fest, wer in den Regionen regiert und bei der Besetzung von Posten zählt in Russland Loyalität mehr als Kompetenz.

Kultur der Vertuschung

Die unmittelbar schwierigste Herausforderung lastet auf dem russischen Katastrophenschutz, dem auch die Armee zur Hilfe kommen soll bei der Reinigung des verschmutzten Flusses. Doch um das hochsensible Ökosystem der russischen Arktis langfristig zu schützen, müsste nicht nur auf allen Ebenen politische Verantwortung übernommen werden, sondern es bräuchte einen grundsätzlichen Kulturwechsel im Land.

Einzelpersonen, wie der Leiter des Kraftwerks in Norilsk, mögen in ihrer Funktion Fehler begangen haben, doch Einzelpersonen als verantwortliche Sündenböcke zu präsentieren, ist bezeichnend für die Scheinpolitik des Präsidenten.

In russischen Unternehmen und Behörden wird systematisch mundtot gemacht, wer Probleme offen anspricht. Solange sich dies nicht ändert, werden Katastrophen auch in Zukunft weiter vertuscht werden.

Luzia Tschirky

Luzia Tschirky

Russland-Korrespondentin

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Luzia Tschirky ist SRF-Korrespondentin für die Region Russland und die ehemalige UdSSR.

SRF 4 News, 07:00 Uhr/horm;roso

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